1. New Governance
Auf den Punkt
- Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit begründen einen Wandel in dem politischen Paradigma, die in der Formulierung von Missionen, ehrgeizigen Ziele und veränderten Rahmenbedingungen mündet. Die Verantwortung, sie für die lokale Ebene zu übersetzen und den Wandel zu Nachhaltigkeit und Resilienz zu gestalten, fällt auf Städte und Regionen und verlangt eine Veränderung der Governance-Praktiken.
- Mit ihrer Schnittstellenfunktion ist die Wirtschaftsförderung in der Position, die Transformationsprozesse zielgerichtet zu managen. Das Kapitel gibt eine Übersicht der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen vor der Wirtschaftsförderung und führt das Konzept der »partizipativen Wirtschaftsförderung« als eine Antwort darauf ein.
- Durch die Erfahrungen im Projekt »Bottrop 2018+« wurden spezifische Faktoren identifiziert und drei Prozesse – Monitoring, Beteiligung (nach innen und außen) und Aushandlung (von Rollen, Ressourcen und Arbeit) als Grundsteine des Ansatzes abgeleitet.
- »Bottrop setzt um«: Vorstellung der Reallabore der zweiten Projektphase. Die Themenauswahl spiegelt die auf der Unternehmensseite beschriebenen Herausforderungen des sozioökonomischen Strukturwandels (Fachkräfte, Digitalisierung und Innovation sowie Ressourcenverfügbarkeit) wider.
- Praxisbeispiele: (1) Mehrwegpfandsystem RECIRCLE in Rottenburg am Neckar – den Verpackungsmüll in der Stadt, entgegenwirken. (2) Das Forschungsprojekt »Prosperkolleg – zirkuläre Wertschöpfung« in der Region Emscher-Lippe – zirkuläre Wertschöpfung erforschen und die Umsetzung anregen.
»Die agile und vorausschauende Wirtschaftsförderung für nachhaltige Standortentwicklung erfordert neue, partizipative Governance-Ansätze«
Dieses Kapitel thematisiert einen neuen Governanceansatz für nachhaltige Standortentwicklung und nimmt dabei die Wirtschaftsförderung als Hauptakteur in den Blick. Die Wirtschaftsförderung in Deutschland hat eine lange Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückverfolgt werden kann. Die Aufgaben und Aktivitäten, die mit ihr assoziiert werden, haben sich dabei über die Jahre deutlich verändert und zugenommen, sodass Standortentwicklung heutzutage ohne kommunale und regionale Wirtschaftsförderung undenkbar ist. Besonders sichtbar wird ihre Rolle in Zeiten der sozial-ökologischen Transformation, die gekennzeichnet ist durch eine missionsorientierte Politik und den Aufruf zum nachhaltigen Wirtschaften. Die sich ständig verschärfenden Rahmenbedingungen verlangen eine Veränderung der Governance-Praktiken, auch auf lokaler Ebene, hin in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Resilienz. Mit ihrer Schnittstellenfunktion als Impulsgeber, Moderator und Brücke zwischen allen Akteuren am Standort ist die Wirtschaftsförderung in der Position, die Transformationsprozesse zielgerichtet zu managen. Dafür sind jedoch Agilität und Vorausschau notwendig, die durch partizipative Ansätze erhöht werden können. Vor diesem Hintergrund beantwortet das folgende Kapitel drei Fragen: (1) Was bedeutet »New Governance«? (2) Warum sind solche Ansätze notwendig? (3) Wie können partizipative Prozesse für eine »New Governance« in der Wirtschaftsförderung gestaltet werden?
1.1 New Governance – Wirtschaftsförderung mit Mission
Der Begriff »Governance« kommt aus dem englischsprachigen Diskurs und wird als ein Prozess verstanden, in dem vielfältige Akteure mit unterschiedlichen Interessen organisiert werden, um gemeinsame Visionen zu entwickeln und Aktivitäten umzusetzen (Davis 2002). Im Gegensatz zu Begriffen wie Regieren oder Selbststeuerung, die das Ausführen von delegierten Tätigkeiten staatlich-administrativer Akteure wie Kommunen beschreiben (Fürst 2003), wird Governance als eine »weiche« Form der Selbststeuerung sowie als Netzwerk verstanden. Der Begriff steht für kollektives Handeln und umfasst öffentliche (Politik, Verwaltung) wie auch gesellschaftliche (Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft) Akteure, unterschiedliche Interaktionsmodi (Konkurrenz, Kooperation, Hierarchie), verschiedene Regionen (funktional, territorial, symbolisch) und räumliche Ebenen (lokal, regional, national, europäisch) (Welschhoff & Terstriep 2017a). Der Begriff wird an dieser Stelle nicht aus normativer Perspektive (als »Good Governance«) verstanden, sondern als analytische Kategorie zur Untersuchung von Prozessen der Selbstorganisation.
Die Notwendigkeit, die traditionellen Begriffe um ein breiteres Verständnis zu erweitern, ergibt sich aus den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen unserer Gegenwart. Demografischer Wandel und Migration, Digitalisierung, Fachkräftemangel und Industrie 4.0, Klimawandel und Ressourcenknappheit sind nur einige Beispiel der sog. »wicked problems«, mit denen sich Regierungen und Gesellschaften weltweit konfrontiert sehen. Solche Herausforderungen sind komplexer, systemischer, multidimensionaler, dringender und unbefristeter Natur (Wanzenböck et al. 2020, Mazzucato 2018a) und verlangen von der Politik auf allen Ebenen (lokal, national und supranational) die Richtung des Wandels festzulegen, um zielgerichtete Innovationen bzw. Lösungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund hat das politische Paradigma in der Innovationspolitik eine »normative Wende« (Uyarra et al. 2019) von der Behebung von Markt-, System- und Transformationsversagen hin zur Bewältigung »großer gesellschaftlicher Herausforderungen«erlebt (Forary et al. 2012, Frenken 2017, Mazzucato 2016, Schot et al. 2018). »Missionen« werden dabei als ein Narrativ für eine herausforderungsorientierte Innovationspolitik erachtet (Wanzenböck et al. 2020). Es handelt sich bei ihnen um dringende strategische Ziele, die einen transformativen Systemwandel zur Überwindung gesellschaftlicher Herausforderungen erfordern (Hekkert et al. 2020). In ihrer Formulierung vermitteln Missionen idealerweise die Dringlichkeit und die Bedeutung der Herausforderung, während sie gleichzeitig die Werte ausdrücken, die den Bürger:innen am Herzen liegen (Georghiou et al. 2018). Gute Beispiele für die Missionsorientierung sind die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Borrás 2019), der »europäische Grüne Deal« (Europäische Kommission, 2019) und das darauf aufbauende Programm »Horizont Europa«. Das Programm definiert fünf Missionen, die darauf abzielen, die Wirkung von Forschung und Entwicklung zu maximieren, die globale Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten und das tägliche Leben der Menschen zu verbessern (Europäische Kommission 2020a). Auch die »Hightech-Strategie 2025« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF 2018), sowie das Klimaschutzprogramm 2030 (Bundesregierung 2019a) und die Novellierung des Klimaschutzgesetzes 2021 der Bundesregierung (Bundesregierung 2021) fordern die Formulierung solcher Ziele zur Unterstützung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Während Bund und Länder die Grundzüge, sprich den rechtlichen und finanziellen Rahmen, der Innovationspolitik nach EU-Verordnungen und -Richtlinien festlegen, wird die Ausgestaltung und Umsetzung den Kommunen überlassen. Die Missionsorientierung in der Politik stellt somit sowohl einen Lösungsansatz als auch eine weitere Herausforderung für Städte und Regionen dar. Sie sollen die übergeordneten, breitgefassten Missionen für die lokale Ebene übersetzen und eigene Antworten auf den notwendigen transformativen Wandel in Form von ortsbezogenen, kontextspezifischen Gestaltungskonzepten entwickeln (Rabadjieva & Terstriep 2021). Diese Dynamik und Aufgabenverteilung betreffen nicht nur die Innovationspolitik, sondern auch die Wirtschaftsförderungsaktivitäten im Allgemeinen (Lahner 2020). Somit fällt den lokalen Akteuren und Institutionen die Aufgabe zu, die Transformation[1] hin zu nachhaltigen und resilienten Standorten in Eigenregie zu gestalten. Nachhaltigkeit wird hier unter Berücksichtigung ihrer drei Säulen – ökonomisch, ökologisch und sozial – verstanden (Kleine 2009), während Resilienz die Anpassungs- (an veränderte Rahmenbedingungen und Abmilderung von Krisenfolgen) und Transformationsfähigkeit (als proaktive Maßnahmen und positive Gestaltung von Wandel) von Städte und Regionen bezeichnet (Joseph & McGregor 2020, Park et al. 2012).
Mit dem vom BMBF geförderten Projekt »Bottrop2018+ – Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstruktur« hat sich das Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop 2016 gemeinsam mit dem Institut Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen und dem Faktor 10 – Institut für nachhaltiges Wirtschaften auf den Weg gemacht, neue Governanceansätze zu erproben, die diesen Herausforderungen gerecht werden. Das Ziel einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsförderung kann nur erreicht werden, wenn alle systemrelevanten Akteure (Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft) zum kollektiven Handeln bewegt werden (Wirtschaftsförderung im weiteren Sinne). Die gemeinsame Strategieentwicklung, Zielorientierung und Umsetzung konkreter Maßnahmen erfordern zugleich die Antizipation künftiger Entwicklungen im Sinne einer Vorausschau. Eine Aufgabe, die von den etablierten Wirtschaftsförderungsstrukturen – also Wirtschaftsförderung im engeren Sinne – geleitet werden kann. Die Verknüpfung von kollektivem Handeln der lokalen Akteure und die Etablierung entsprechender Governancestrukturen bezeichnen wir als »partizipative Wirtschaftsförderung«. Eine solche Form der Wirtschaftsförderung ist in der Lage, die Bandbreite der unterschiedlichen Akteure zu organisieren und zu koordinieren und somit die Missionsorientierung in der Politik umzusetzen (Abb. 1.1).
Bevor wir uns der Frage widmen, wie die partizipative Wirtschaftsförderung in Bottrop aussieht, geben wir im Folgeabschnitt zunächst einen Überblick über die sich im Wandel befindenden Rahmenbedingungen, Missionen und Zielsetzungen, die auf die Kommunen bzw. auf die Wirtschaftsförderung im weiten und im engeren Sinne kurz- und mittelfristig zukommen werden.
1.2 »Fit für 55« - Vorausschauende Wirtschaftsförderung
Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen sind keine kurzfristig wechselnden Erscheinungen, sondern Resultat der »massiven, lang andauernden Triebkräfte des Wandels, die gesellschaftliche, soziale, ökonomische Systeme transformieren« (Horx 2011: 8). In anderen Worten handelt es sich dabei um jene Megatrends, die bereits vor über einem Jahrzehnt identifiziert, definiert und erklärt wurden (Merten et al. 2019, Lahner 2020, Wagner-Endres et al. 2021). In diesem Abschnitt fokussieren wir uns deshalb nicht darauf, die Megatrends erneut zu beschreiben, sondern nehmen die für Kommunen bzw. Wirtschaftsförderungen relevanten Veränderungen der Rahmenbedingungen in den Blick, auf die sie mit konkreten Maßnahmen reagieren können.
Schon heute begegnet die Wirtschaftsförderung den durch die Megatrends implizierten Herausforderungen. So versuchen sie beispielsweise durch die Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) mittels Aktivitäten zur Fachkräftesicherung und Erhöhung der Standortattraktivität dem Megatrend der Globalisierung entgegenzuwirken (Wagner-Endres et al. 2021). Der Fachkräftemangel verschärft sich infolge des Megatrends »demografischer Wandel«, der sich nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch für Städte als Arbeitsgeber bemerkbar macht. Dies erfordert gezielte Strategien zur Fachkräftesicherung/-gewinnung und für das Wissensmanagement in der Verwaltung (ebd.). Ein weiteres aktuelles Beispiel für einen allumfassenden Megatrend ist die »Digitalisierung«, die sich von Veränderungen in den Produktionsprozessen (Industrie 4.0) über eine vernetzte, intelligente und nachhaltige Verwaltung (Smart City) bis zur Zusammenarbeit von Akteuren in Open Innovation Labs erstreckt. Auch in dem Ausbau der Infrastruktur (Brandband) oder der Vermittlung digitaler Kompetenzen an KMU wird sie bemerkbar (ebd.). Es obliegt den Kommunen und Regionen, die digitalen Bedürfnisse der Kunden zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu initiieren.
Die Megatrends dürfen nicht als »en vogue« Themen betrachtet werden, die überall im gleichen Ausmaß Relevanz besitzen. Vielmehr liegt es an den Kommunen und Regionen zu erkennen, welche der Trends für den jeweiligen Standort relevant sind, wie sich diese antizipieren lassen und wie durch die Nutzung lokaler bzw. regionaler Ressourcen und Kapazitäten auf diese – auch präventiv – reagiert werden kann.
Ein Megatrend betrifft jedoch alle politischen Ebenen und Kontexte gleichermaßen, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen und Bereichen – die »nachhaltige Entwicklung«. Bezogen auf Land, Luft, Wasser oder Boden stellen die Bewahrung oder Wiederherstellung des Umweltgleichgewichts global gesehen große Herausforderungen dar. Eine Vielzahl der zu erwartenden Veränderungen in den Rahmenbedingungen werden sich in den kommenden Jahren auf die nachhaltige Entwicklung beziehen und sich zwangsläufig auf die Wirtschaft und Wirtschaftsförderung auswirken. So ist zu erwarten, dass sich mindestens sechs der siebzehn Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen die Wirtschaftsförderungsaktivitäten direkt beeinflussen werden [2]:
- Ziel 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern
- Ziel 9: Widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
- Ziel 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern
- Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
- Ziel 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen
- Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern
Während die 17 Ziele der Vereinten Nationen einen globalen, interpretationsreichen Rahmen bilden, stellt der »europäische Grüne Deal« ein europaspezifisches Vorhaben dar, das sich auf die Gesetzgebung der EU und der Mitgliedsstaaten auswirkt. Das im Dezember 2019 vorgestellte Konzept der Europäischen Kommission formuliert das ambitionierte Ziel, die Netto-Emissionen von Treibhausgasen in der Europäischen Union bis 2050 auf null zu reduzieren und somit Europa als ersten Kontinent klimaneutral zu machen.[3] Damit ist der europäische Grüne Deal elementarer Bestandteil der europäischen Klimapolitik. Er wurde im Rahmen zweier Pakete reformierter und neuer EU-Richtlinien und Verordnungen im Juli wie Dezember 2021 begleitet, mit denen die im europäischen Grünen Deal verankerte Ziele erreicht werden sollen (Europäische Kommission 2021). Die Kommission sieht u.a. sowohl Förderungsmaßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien, grüner Wasserstoff und eine verbesserte Energieeffizienz wie auch Energiebesteuerung und Aufbau von Infrastrukturen vor. Gleichzeitig startete im Jahr 2021 das neue Forschungs- und Entwicklungsprogramm der Europäischen Union »Horizont Europa«, dem fünf Missionen[4] zugrunde liegen:
- Mission »Anpassung an den Klimawandel«. Kernziel: Unterstützung von mindestens 150 europäischen Regionen und Gemeinden, um bis 2030 klimaresistent zu werden
- Mission »Krebs«. Kernziel: Gemeinsam mit dem europäischen Plan zur Krebsbekämpfung das Leben von mehr als 3 Millionen Menschen bis 2030 verlängern und verbessern
- Mission »Gesunde Ozeane und Gewässer«. Kernziel: Wiederbeleben und reinigen unserer Meere und Gewässer bis 2030
- Mission »100 Klimaneutrale Städte bis 2030«. Kernziel: Aufbau 100 klimaneutraler und intelligenter Städte bis 2030
- Mission »Ein Boden-Deal für Europa«. Kernziel: 100 »Living Labs« und sogenannte Leuchtturmbetriebe für die Gesundung der Böden bis 2030
Die Missionen erfordern einen systematischen Ansatz zur Erreichung der gesetzten Ziele und eine Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis unter der Beteiligung von Bürger:innen. Die aktive Teilnahme seitens Kommunen und Regionen ist nicht nur erwünscht, sondern zentraler Bestandteil. Dies wird besonders in den Missionen »Anapassung an den Klimawandel«, mit einem Fokus auf Regionen als Hauptakteure, und »100 Klimaneutrale Städte bis 2030«, in der Kommunen eigene Wege zur Klimaneutralität konzipieren sollen, sichtbar (s. Infobox 1.1).
Auf nationaler Ebene soll das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben gewährleisten. Mit dem Klimaschutzgesetz werden die Klimaziele 2030 gesetzlich normiert. Das Klimaschutzprogramm 2030 setzt sich aus vier Elementen zur konkreten CO2-Emissionsminderung zusammen: Förderprogramme und Anreize zur CO2-Einsparung, Bepreisung von CO2, Entlastung der Bürger:innen und regulatorische Maßnahmen (Bundesregierung 2019a).
Die neuen Rahmenbedingungen werden sich auf alle Wirtschaftszweige auswirken und erwartungsgemäß insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen Unterstützungsbedarfe erfordern. So sind sie zum Beispiel von dem im Juli 2021 in Kraft getretenen Einwegplastikverbot[7] in Einzelhandel und Gastronomie, welches die Produktion vieler plastikbasierter To-go-Getränkebecher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essensbehälter untersagt, direkt betroffen. Ab 2022 wird sich das Verbot auf leichte Kunststofftaschen und Einweg- und Mehrwegflaschen ausweiten, um Anreize für den Einsatz wiederverwendbarer Produkte zu schaffen. In den Städten, die eine KMU-basierte Wirtschaftsstruktur haben, bedarf es daher Ansätze, um die lokale Wirtschaft proaktiv bei diesem Übergang zu unterstützen. Ein gutes Beispiel ist die Stadt Rottenburg am Neckar, die bereits im Sommer 2021 die lokale Gastronomie bei der Einführung eines einheitlichen Systems für Mehrwegbecher und -essensboxen unterstützt hat. Durch die Organisation eines Netzwerks, Bereitstellung personeller Ressourcen und Marketing hat die Wirtschaftsförderung der Gastronomie geholfen, den Verpackungsmüll in der Stadt, der infolge der verstärkten Nachfrage nach Lieferservices während der COVID-19-Pandemie deutlich gestiegen war, zu reduzieren.
Das Beispiel in Rottenburg am Neckar zeigt, dass die Wirtschaftsförderung auch mit wenig Ressourcen Unternehmen aktiv unterstützen kann. Das Einwegplastikverbot ist nur eines von vielen Bespielen, dem künftig weitere folgen werden. So heißt es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (2021: 24), »[w]ir denken ökonomische Entwicklung und ökologische Verantwortung zusammen«. Konkret werden u.a. »Carbon Contracts for Difference« (Klimaverträge mit der Industrie), Mindestquoten für klimafreundliche Produkte in der öffentlichen Beschaffung, Quoten für grünen Wasserstoff, Ausbau der Elektromobilität und Unterstützung digital gestützter Wertschöpfung in Handel, Handwerk und Dienstleistung als künftige Maßnahmen genannt. Daneben lässt das bereits 2016 verabschiedete nationale Programm für nachhaltigen Konsum, das neben Ernährung und Vertrieb auch Textilien, digitale Techniken und andere Bereiche in den Fokus nimmt (Bundesregierung 2019b), weitere Unterstützungsbedarfe der lokalen Wirtschaft vermuten. Die Sicherung transparenter Lieferketten, das EU-Energielabel oder die neue Batterieverordnung werden in den nächsten Jahren hinzukommen, sodass ganzheitliche Ansätze unabdingbar werden. Die zirkuläre Wertschöpfung ist ein Beispiel für einen solchen Ansatz, der sich von der Produktion über Verkauf, Verbrauch und Wiederverwendung von Produkten erstreckt und dem ein hohes Potential für die Erreichung der Klimaziele zugeschrieben wird. Dies manifestiert sich u.a. im Aktionsplan der Kreislaufwirtschaft der Europäischen Kommission (Europäische Kommission 2020b). Auf lokaler Ebene hat sich die Region Emscher-Lippe schon 2019 auf den Weg gemacht das Thema voranzutreiben und als Alleinstellungsmerkmal für die Region zu nutzen. Das Forschungsprojekt Prosperkolleg bringt Hochschule, kommunale und regionale Wirtschaftsförderung, Intermediäre und Unternehmen zusammen, um die Transformation der Region hin zur zirkulären Wertschöpfung zu erforschen und die Umsetzung anzuregen. Der Neuheitsgrad des Themas hat sich als eine Herausforderung sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung selbst herausgestellt. Dennoch wurden innerhalb der Projektlaufzeit Kompetenzen und Kontakte gewonnen, die eine dauerhafte Positionierung zirkulärer Wertschöpfung am Standort ermöglichen.
Die vorausschauende Wirtschaftsförderung, welche die Megatrends und die damit einhergehenden kontinuierlichen Veränderungen der Rahmenbedingungen im Blick behält, ist mit einem erhöhten Wissens- und Kommunikationsaufwand verbunden. Zugleich verlangt das neue politische Paradigma der Missionen kollektives Handeln sowie die aktive Beteiligung von Bürger:innen und Stakeholdern zur Erreichung der Ziele. Um ein agiles, nachhaltiges Handeln sicherzustellen und den Wirtschaftsstandort dadurch resilient aufzustellen, bedarf es insofern partizipativer Ansätze.
1.3 Agilität und Resilienz auf lokaler Ebene – Partizipative Wirtschaftsförderung
Im Gegensatz zum weit verbreiteten Verständnis von Partizipation als aktive Einbindung von Bürger:innen in kommunale Entscheidungs- und Planungsprozesse bezieht sich die partizipative Wirtschaftsförderung auf die Beteiligung und das Engagement lokaler Wirtschaftsakteure. Es geht darum, die Unternehmen als Partner zu beteiligen und kollektives Handeln zur Gestaltung von Transitionsprozessen zu orchestrieren. Ein partizipativer Ansatz ermöglicht es lokalen Akteuren, eine gemeinsame Vision für den Standort zu entwickeln und ihr Wissen, ihre Kompetenzen und andere Ressourcen zu bündeln, um Ressourcenengpässe zu überwinden, Synergien zu nutzen und Redundanzen zu vermeiden. Ihr Erfolg beruht auf kooperativem Management und nicht auf der Förderung individueller Interessen. Es ist ein langfristiger, zeitaufwendiger Prozess, der Analyse, Einsicht und vor allem gegenseitiges Vertrauen ebenso wie vielfältige Interaktionen zwischen den Partnern erfordert (Lahner 2020). Als relationaler Ansatz fordert partizipative Governance die etablierten Praktiken der Selbstorganisation in der lokalen Wirtschaftsförderung heraus. Sie setzt neue, nicht-hierarchische Formen der Prozessorganisation voraus (Jann 2006), die an die Selbstorganisationskompetenzen nichtstaatlicher Akteure (Wiesenthal 2006) anknüpfen und auf Kooperation und Koproduktion abzielen.
Partizipation ist jedoch kein Selbstzweck, und es gibt keine »Universallösung«. Es ist eine ehrgeizige Aufgabe, Governance-Praktiken von ihrem lokalen Kontext zu abstrahieren, um ihre Anwendung an verschiedenen Standorten zu ermöglichen. Ansätze wie das niederländische »Transitionsmanagement« bieten eine mögliche Vorgehensweise. Der Ansatz stellt einen partizipativen und iterativen Prozess der Visionierung, des Lernens und Experimentierens dar (Foxon et al. 2008, Rotmanns et al. 2001, Meadowcroft 2009). Dem liegt ein gemeinsames Verständnis über Ursprung, Art und Dynamik des Wandels seitens der betroffenen Akteure zugrunde, der sie in die Lage versetzt, die Richtung und Geschwindigkeit der Transition besser antizipieren, anpassen und beeinflussen zu können (Loorbach et al. 2015). Transitionsmanagement bewegt sich also in einem Spannungsfeld zwischen Veränderung als ungewissen, offenen Prozess einerseits und dem Bestreben, diesen zu »kontrollieren« andererseits. Die Balance zwischen Offenheit und Kontrolle wird durch eine langfristige Perspektive (mindestens 25 Jahre) gewährleistet, die den Rahmen für eine kurzfristige Politik bildet. Die Festlegung kurzfristiger (operativer) Ziele basiert auf langfristigen (strategischen) Zielen und der Antizipation zukünftiger Entwicklungen durch die Ausarbeitung von Szenarien. Diese Ziele sollen flexibel und anpassungsfähig formuliert werden und Rückkopplungen in Form von notwendigen Zielanpassungen, etwa infolge veränderter Rahmenbedingung, zulassen (iterativer Prozess). Die Akteure brauchen Raum und ein geschütztes Umfeld, um alternative Regime zu entwickeln und Innovationen voranzutreiben. Eine solche Beteiligung von und Interaktionen zwischen den Akteuren ist notwendig, um die Politik zu unterstützen sowie die Akteure durch Lernprozesse in die Lösung miteinzubeziehen (Wittmayer & Loorbach 2015).
Mit dem Projekt Bottrop 2018+, dessen Struktur an das Transitionsmanagement angelehnt wurde, hat das Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop partizipative Wirtschaftsförderung erprobt. Grundlage hierfür bildete ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, das quantitative und qualitative Status-Quo-Analysen mit Strategie- und Strukturentwicklung kombinierte und experimentelle Lösungen in Reallaboren erarbeitete. Im Kern bestand der Ansatz aus drei Ebenen – Wirtschaftsallianz (WiAll) als übergeordnete, steuernde Plattform, drei thematische strategische Allianzen, die branchenspezifisch angelegt wurden, und Reallabore als operative Ebene der Strategieumsetzung (Merten et al. 2019). In den ersten drei Jahren der Projektumsetzung hat sich die Implementierung der drei Ebenen in Teilen als nicht tragfähig erwiesen, da es Divergenzen zwischen den Erwartungen und Vorstellungen der Wirtschaftsakteure bezüglich der Frage, wie partizipative Prozesse zu gestalten seien und wem welche Aufgaben in diesen Prozessen zuteilwerden sollen, gab. Ursächlich hierfür waren — trotz der hohen Bereitschaft der Akteure, sich aktiv in den Prozess einzubringen — u. a. die beschränkten zeitlichen Ressourcen der Unternehmer:innen sowie deren mangelnde Bereitschaft, eigenständig zukunftsfähige Konzepte für eine nachhaltige und resiliente Wirtschaftsstruktur zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund wurde die mittlere Ebene der strategischen Allianzen verworfen, während für die Wirtschaftsallianz und die Reallabore innerhalb weiterer zwei Jahre eine Verstetigung erfolgte (s. Abb. 1.2).
In der Wirtschaftsallianz wurde das Potenzial erkannt, als branchenübergreifende Plattform mit Netzwerk-, Informations- und Beratungsfunktion unter dem Leitbild für Nachhaltigkeit und Resilienz zu agieren (Merten et al. 2019). Die Plattform soll dementsprechend zukünftig zur Ideengewinnung und Lösungsverbreitung, aber ebenso zum Abgleichen der strategischen Ausrichtung genutzt werden und bietet somit ein Beteiligungsformat, dass es ermöglicht, alle wirtschaftsrelevanten Akteure an einen Tisch zu bringen (s. Das Projekt »Wirtschaftsallianz«). Im Vergleich zu der vorgesehenen aktiven Beteiligung in Entscheidungsprozessen wurde von den Akteuren in Bottrop ein höheres Interesse an einer stärkeren Beteiligung in der konkreten Umsetzung von Maßnahmen innerhalb der Reallabore geäußert. Das Format erlaubt, konkrete Lösungen in einem kleinen Rahmen, verstanden als Branche, Quartier oder spezifischer Ort, zu erproben und später in einem größeren Kreis (z.B. der Wirtschaftsallianz) zu streuen. Ziel ist es, durch das Testen transformativer Ideen in einem semi-kontrollierten Raum, Wissen über Dynamiken und Kontextfaktoren von Transitionsprozessen zu gewinnen (Meyer et al. 2021). Die Reallabore bieten in diesem Sinne den geschützten Experimentierraum, den der Transitionsmanagement-Ansatz voraussetzt. Im Vergleich zu dem weit verbreiteten Vorgang, Wissenschaft und Gesellschaft innerhalb von Reallaboren zusammenzubringen (ebd.), richteten sich die Reallabore in Bottrop ausschließlich an die wirtschaftsrelevanten Akteure am Standort und stellten somit einen Experimentierraum für die Wirtschaftsförderung, Intermediäre und Unternehmen mit wissenschaftlicher Begleitung dar. Die Themen und Maßnahmen der Reallabore wurden im Dialog aller an der Wirtschaftsallianz beteiligten Akteuren ermittelt und sind als solche auf die Leitplanken Nachhaltigkeit und Resilienz unter Berücksichtigung der Kontextspezifika in Bottrop ausgerichtet. Drei Reallabore und vier Maßnahmen wurden in der Verstetigungsphase umgesetzt, die unterschiedliche Megatrends und Nachhaltigkeitsziele adressierten (s. Infobox 1.2). Der Beteiligungsgrad der Unternehmen und die erreichten Wirkungen während der Projektlaufzeit variieren in Abhängigkeit von der konkreten Maßnahme (s. Bottrop setzt um - Reallabore & Bottrop setzt um - (Selbst)Evaluation). Begleitet wurden die Wirtschaftsallianz und die Reallabore von der Entwicklung eines gemeinsamen Leitbildes und später eines Strategiepapiers – dem sogenannten »Zukunftsplan«, der auch als Orientierung für die Maßnahmen in der Verstetigungsphase diente (s. Bottrop setzt um - Change Management).
Umfangreiche, partizipative Formate wie die Wirtschaftsallianz, die Reallabore und die Strategieentwicklung bedürfen einer kontinuierlichen Koordination und Organisation. In Bottrop 2018+ wurde diese Funktion von dem Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement übernommen. Anfänglich sollte eine Geschäftsstelle zur Koordination eingerichtet werden, die als Nukleus des partizipativen Governanceansatzes agieren sollte. Da sich das Portfolio der Geschäftsstelle aber in Teilen mit den Tätigkeitsbereichen einzelner Mitarbeiter:innen überschnitten hat, ist der gesamte Ansatz auf »Widerstand« bei den Beschäftigten der Wirtschaftsförderung gestoßen. Dieser Umstand und der Prozess insgesamt haben die Notwendigkeit einer Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung als Ganzes offengelegt. Ein gezieltes Wissensmanagement und der regelmäßige Austausch im Team bilden hierbei wichtige Instrumente, um Transparenz zu schaffen. Eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit und Resilienz und die Umsetzung der zugrundliegenden Strategie können nur dann gelingen, wenn sie von allen relevanten Akteuren mitgetragen werden. Dies erfordert Beteiligungsprozesse nach außen (Unternehmen und anderen Wirtschaftsakteure am Standort) ebenso wie nach innen (Mitarbeitende) anzustoßen. Die Reflexion der eigenen Arbeitsweisen der Wirtschaftsförderung als Organisation bildet ein zentrales Element der Verstetigung partizipativer Wirtschaftsförderung (s. Bottrop setzt um - Change Management). So avancierte in Bottrop das Amt selbst zu einer »Managementagentur« für die Transitionsprozesse, in der die Strategie weiterentwickelt wird und multiple Akteure unterschiedliche Tätigkeiten ausführen (z.B. Koordination der Reallabore), um diese umzusetzen.
Die Erfahrungen in Bottrop zeigen deutlich, dass es weniger ein allumfassender Beteiligungsprozess ist, der den Erfolg ausmacht, als vielmehr das kritische Reflektieren, wann eine aktive Beteiligung von welchen Akteuren sinnvoll und machbar ist, und ob die relevanten Akteure über ausreichendes Interesse, Ressourcen und Kapazitäten für die gewünschte Beteiligung verfügen. Die aus der Theorie abgeleiteten Konzepte zur Umstrukturierung der Wirtschaftsförderungspraktiken können eine Orientierung geben, müssen aber nicht zwangsläufig erfolgreich sein. Stattdessen gilt es, spezifische Rahmenbedingungen und Faktoren im konkreten Kontext vor Ort zu berücksichtigen. Darunter fallen unter anderem die Bereitschaft der Akteure für Veränderung, Motivation und Vertrauen, aber auch Vermeidung von Parallelstrukturen, Sicherung von Experimentierräumen und nicht zuletzt der politische Wille. Dabei ist zu erwarten, dass in abhängig vom Kontext einige Faktoren wichtiger sind als andere (Rabadjieva & Terstriep 2019).
Auf Basis der fünfjährigen Aktionsforschung in Bottrop kann eine mögliche Vorgehensweise für die Umsetzung von Transitionsprozessen seitens der Wirtschaftsförderung skizziert werden. Visionsentwicklung, Lernen und Experimentieren, Aktivitäten, die dem Transitionsmanagement-Ansatz zu Grunde liegen, sind keine nacheinander erfolgenden Aufgaben, sondern werden innerhalb begleitender Prozesse im Rahmen des Monitorings, der Beteiligung (nach innen und außen) und der Aushandlung (von Rollen, Ressourcen und Arbeit) umgesetzt. Alle diese Prozesse zeichnen die partizipative Wirtschaftsförderung aus und können nicht unabhängig voneinander initiiert und orchestriert werden. Abbildung 1.3 skizziert die Prozesse in einzelnen Schritten.
Ausgangspunkt der ziel- bzw. missionsorientierten Transition bildet idealerweise die Ermittlung des Status Quo von Trends und Wirkungen der angestoßenen Aktivitäten sowie deren kontinuierliches Monitoring und deren Evaluation (Kapitel 2). Wie zuvor dargestellt, erfordert ein nachhaltiger Transitionsprozess die aktive Mitwirkung der Akteure am Standort, dies gilt auch für das Monitoring und die Evaluation. Die zielgerichtete Beteiligung setzt ihrerseits voraus, die Kompetenzen, Aktivitäten und Motive der Stakeholder sowohl innerhalb (Mitarbeitende oder andere Ämter der Stadtverwaltung) als auch außerhalb der eigenen Organisation (Unternehmen, Intermediäre, Forschungseinrichtungen, Bürger:innen etc.) zu kennen und diese rechtzeitig in die Prozesse mitzunehmen. Dabei gilt es, die unterschiedlichen Interessen, Vorkenntnisse und Kompetenzen zu berücksichtigen und zielgruppenspezifische Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Welche Formen und Instrumente der Beteiligung sich unterscheiden lassen und welche Grenzen Partizipation hat, wird in Kapitel 3 diskutiert. Unmittelbar damit verbunden, ist das erforderliche Commitment der Akteure, die Schaffung eines »gemeinsamen Wir« im Sinne transparenter und vertrauensvoller Kooperation sowie das Aushandeln von Verantwortlichkeiten. Die Erfahrungen in Bottrop zeigen, dass trotz des Beteiligungswillens der Wirtschaftsakteure, eine aktive »Managementagentur« notwendig ist. Damit diese agil und vorausschauend agieren kann, sind Wissensmanagement und ein strukturierter Austausch auf den unterschiedlichen Ebenen zwingend erforderlich. Wie Change-Prozesse innerhalb der Wirtschaftsförderung angestoßen werden können, wird in Kapitel 4 vorgestellt.
[1] Nach Walker (2004) steht Transformation für die Fähigkeit der Akteure eines sozioökonomischen Systems, ein neues System zu gestalten, wenn das alte System aufgrund sich ändernder ökologischer, politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Bedingungen nicht mehr tragfähig ist. Transition bezieht sich auf die Prozesse des Strukturwandels von einem Subsystem zu einem anderen, was zu einer langfristigen Transformation des Systems führen kann (Kemp & Rotmans, 2004).
[2] https://17ziele.de/ (letzter Zugriff: 05.02.2022).
[3] https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de (letzter Zugriff: 05.02.2022).
[4] https://ec.europa.eu/info/research-and-innovation/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-europe/eu-missions-horizon-europe_en (letzter Zugriff: 05.02.2022).
[5] https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/research_and_innovation/funding/documents/climat_mission_implementation_plan_final_for_publication.pdf (letzter Zugriff: 15.03.2022).
[6] https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/research_and_innovation/funding/documents/cities_mission_implementation_plan.pdf (letzter Zugriff: 15.03.2022).
[7] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/einwegplastik-wird-verboten-1763390 (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Literatur
Borrás, S (2019). Domestic capacity to deliver innovative solutions for grand social challenges. In Stone D. & Moloney K. (Hrsg.) Oxford Handbook on Global Policy and Transnational Administration;.. Oxford: Oxford University Press, 182-199. https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780198758648.013.42.
Bundesregierung (2019a). Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Bundesregierung (2019b): Nationales Programm für nachhaltigen Konsum. Gesellschaftlicher Wandel durch einen nachhaltigen Lebensstil. Online abrufbar (letzter Zugriff: 25.11.2022).
Bundesregierung (2021): Generationenvertrag für das Klima. Klimaschutzgesetz 2021. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF (2018): Forschung und Innovation für die Menschen. Die Hightech-Strategie 2025, Berlin: Deutschland. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Davis, J. S. (2002): The Governance of Urban Regeneration: A Critique of the ›Governing Without Government‹ Thesis. Public Administration, 8 (2), 301 – 322.
Europäische Kommission (2019). Der europäische Grüne Deal. Mitteilungen der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen.. Brüssel: Europäische Kommission.
Europäische Kommission (2020a): EU-Missionen in Horizont Europa. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Europäische Kommission (2020b): Circular Economy Action Plan. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Europäische Kommission (2021): „Fit für 55“: auf dem Weg zur Klimaneutralität – Umsetzung des EU‑ Klimaziels für 2030. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen.Brüssel. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022)
Foray, D., Mowery, D.C. & Nelson, R.R (2012). Public R&D and social challenges: what lessons from mission R&D programs? Res. Pol. , 41, 1697–1702.https://doi.org/10.1016/j.respol.2012.07.011.
Foxon, T., Hammond G.P. & Pearson, P.J. (2008): Transition pathways for a low carbon energy system in the UK: Assessing the compatibility of large-scale and small-scale options. Proceedings of the 7th BIEE Academic Conference, Oxford, UK, 24–25 September.
Frenken, K. A (2017). Complexity theoretic perspective on innovation policy. Complex Innov. Pol., 3(1), 35–47. http://dx.doi.org/10.20377/cgn-41.
Fürst, D. (2003). Steuerung auf Regionaler Ebene versus Regional Governance. Informationen zur Raumentwicklung, 8/9.2003, 441 – 450.
Georghiou, L., Tataj, D., Celis, J., Gianni, S., Pavalkis, D., Verganti, R. & Renda, A. (2018): Mission-oriented Research and Innovation Policy – A RISE Perspective. Brussel: European Commission. https://data.europa.eu/doi/10.2777/426921.
Hekkert, M. P., Janssen, M. J.& Wessling, J. H. Mission-oriented innovation systems. Environ. Innov. Soc. 661 Transit 2020, 34, 76–79. https://doi.org/10.1016/j.eist.2019.11.011.
Horx, M. (2011): Das Megatrend-Prinzip: Wie die Welt von morgen entsteht. München: Deutsche Verlags-Anstalt.
Jann, W. (2006). Governance als Reformstrategie - Vom Wandel und der Bedeutung verwaltungspolitischer Leitbilder. In Schuppert, G. (Hrsg.), Governance-Forschung: Vergewisserung über Stand und Entwicklungslinien. Baden-Baden: Nomos, 21–44.
Joseph, J. & McGregor, J.A. (2020). Wellbeing, Resilience and Sustainability. The New Trinity of Governance. Cham: Palgrave Pivot: Cham, 39–70.
Kemp, R. & Rotmans, J. (2004). Managing the transition to sustainable mobility. In: Boelie Elzen, Frank W. Geels, Kenneth Green (Hrsg.): System Innovation and the Transition to Sustainability: Theory, Evidence and Policy, 137 – 167. https://doi.org/10.4337/9781845423421.00019.
Kleine, A. (2009). Operationalisierung einer Nachhaltigkeitsstrategie – Ökologie, Ökonomie und Soziales integrieren. Wiesbaden: Springer Gabler.
Lahner J. (2021). Entwicklung der Wirtschaftsförderung. In Stember J., Vogelgesang M., Pongratz P., Fink A. (Hrsg.), Handbuch Innovative Wirtschaftsförderung. Wiesbaden: Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33603-5_6.
Loorbach, D., Frantzeskaki, N. & Huffenreuter, R.L.(2015). Transition Management. Tacking Stock of Governance Experimentation. Corporate Citizenship, 58, 48–66.
Markert, P. (2018). Wirtschaftsförderung und Standortmanagement. In H. Meffert, B. Spinnen, und J. Block (Hrsg.), Praxishandbuch City- und Stadtmarketing. Wiesbaden: Springer, 204–233.
Mazzucato, M. (2016). From market fixing to market-creating: a new framework for innovation policy. Industry and Innovation, 23(2), 140-156. https://doi.org/10.1080/13662716.2016.1146124.
Mazzucato, M. (2018a). Mission-oriented innovation policies: challenges and opportunities. Industrial and Corporate Change, 27(5), 803–815. https://doi.org/10.1093/icc/dty034.
Mazzucato, M. (2018b). Missions: Mission-Oriented Research & Innovation in the European Union. A problem-solving approach to fuel innovation-led growth. Brussels: European Commission. https://doi.org/10.2777/36546.
Meadowcroft, J. (2009). What about the politics? Sustainable development, transition management, and long term energy transitions. Policy Science., 42(4), 323–340.
Merten, T., Schmid, J., Seipel, N., Rabadjieva, M. & Terstriep, J. (2019). Warum müssen lokale Wirtschaftsstrukturen transformiert werden? In T. Merten, J. Terstriep, N. Seipel und M. Rabadjieva (Hrsg.), Lokale Wirtschaftsstrukturen transformieren! Gemeinsam Zukunft gestalten. Bottrop: Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Merten, T., Seipel, N., Rabadjieva, M. & Terstriep, J. (2019). Bottrop 2018+ - Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstruktur. In T. Merten, J. Terstriep, N. Seipel und M. Rabadjieva (Hrsg.), Lokale Wirtschaftsstrukturen transformieren! Gemeinsam Zukunft gestalten. Bottrop: Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Merten, T., Seipel, N. & Terstriep, J. (2019). Strategische Allianzen als Mittel zur lokalen Wirtschaftstransformation. In T. Merten, J. Terstriep, N. Seipel und M. Rabadjieva (Hrsg.). Lokale Wirtschaftsstrukturen transformieren! Gemeinsam Zukunft gestalten. Bottrop: Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Meyer, K., Esch, D. & Rabadjieva, M. (2021). Reallabore in Theorie und Praxis: Reflexion des Forschungsdesigns im Hinblick auf die nachhaltige Transformation urbaner Räume. Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning. 79(4), 366-381. https://doi.org/10.14512/rur.38.
Park, S.E., Marshall, N.A., Jakku, E., Dowd, A.M., Howden, S.M., Mendham, E. & Flemming, A. (2012). Informing adaption responses to climate change through theories of transformation. Global Environmental Change, 22, 115–126.
Rabadjieva, M. & Terstriep, J. (2019). Partizipation ist kein Selbstzweck, aber lasst uns mal machen! 10 Schritte zur partizipativen Wirtschaftsförderung. In T. Merten, J. Terstriep, N. Seipel und M. Rabadjieva (Hrsg.), Lokale Wirtschaftsstrukturen transformieren! Gemeinsam Zukunft gestalten. Bottrop: Amt für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement der Stadt Bottrop. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Rabadjieva, M. & Terstriep, J. (2021). Ambition Meets Reality: Mission-Oriented Innovation Policy as a Driver for Participative Governance. Sustainability 13(1), 231. https://doi.org/10.3390/su13010231.
Rotmanns, J., Kemp, R. & van Asselt, M. (2001). More evolution than revolution: Transition management in public policy. Foresight, 3(1), 15–31.
Schot, J. & Steinmueller, W. E. (2018). Three frames for innovation policy: R&D, systems of innovation and transformative change. Research Policy, 47(9), 1554–1567. https://doi.org/10.1016/j.respol.2018.08.011.
Uyarra, E.; Ribeiro, B. & Dale-Clough, L. (2019). Exploring the normative turn in regional innovation policy: responsibility and the quest for public value. European Planning Studies, 27(12), 2359–2375. https://doi.org/10.1080/09654313.2019.1609425.
Wagner-Endres, S., Scheller, H., Peters, O, Gieseler, H. & Wolf, U. (2021). Innovationsfähigkeit der Wirtschaftsförderung. Akteure – Instrumente – Handlungsansätze. Gemeinschaftsstudie, Berlin: Difu-Sonderveröffentlichung. Online abrufbar (letzter Zugriff: 11.02.2022).
Walker, B.; Holling, C. S.; Carpenter, S. R. & Kinzig, A. (2004). Resilience, adaptability and transformability in social–ecological systems. Ecology and Society 9(2): 5. Online abrufbar (letzter Zugriff: 15.03.2022).
Wanzenböck, I., Wessling, J. H., Koen, F., Hekkert, M. P. & Weber M. (2020). A framework for mission-oriented innovation policy: Alternative pathways through the problem-solving space. Science and Public Policy, 1-16. https://doi.org/10.1093/scipol/scaa027.
Welschhoff, J. & Terstriep, J. (2017a). Bericht zur Ausgangslage der Wirtschaftsförderung am Standort Bottrop. AP1.1 Bericht des Projekts »Bottrop 2018+ - Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstruktur.« FONA, Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Wiesenthal, H. (2006). Gesellschaftssteuerung und Gesellschaftliche Selbststeuerung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Wittmayer, J.M. & Loorbach, D. (2015). Governing Transitions in Cities: Fostering Alternative Ideas, Practices, and Social Relations Through Transition Management. In D. Loorbach, J.M. Wittmayer, H. Shiroyama, J. Fujino, J. & S. Mizuguchi (Hrsg.), Governance of Urban Sustainability Transitions. Berlin: Springer, 13–32.