Visionen als Triebfeder von Change-Prozessen

Johannes Schmid, Nils Seipel
Faktor 10 – Institut für nachhaltiges Wirtschaften,
Gründer der Kreativ-Agenturflux – impulse

In dem vorliegenden Artikel werden Visionen als Erfolgsfaktor für die Einleitung und Begleitung von Veränderungsprozessen vorgestellt und Methoden zur erfolgreichen Visionsfindung behandelt. Visionen motivieren, indem sie ein klares, motivierendes Bild einer angestrebten Zukunft zeichnen. Durch den Einsatz von Visionen in einem Veränderungsprozess lassen sich durch ihre motivierende und richtungsweisende Kraft gängige Widerstände und Ängste vor neuen, unbekannten Herausforderungen beseitigen oder im Vorfeld auflösen. Da Veränderungsprozesse meist im unternehmerischen Kontext behandelt werden, wird zuerst der Bereich des Change-Managements vorgestellt. Anschließend wird die Wirkungsweise von Visionen an einzelnen Widerständen genau beleuchtet und ein praxisorientiertes Vorgehen zur Visionsentwicklung aufgezeigt. Insgesamt setzt sich der folgenden Artikel aus folgenden thematischen Bereichen zusammen:

  • Beschreibung Change-Management
  • Beschreibung gängiger Widerstände gegen den Wandel
  • Visionen als Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Wandel
  • Visionsdefinition und Wirkungsansätze von Visionen
  • Bestandteile von Visionen und eine Methode zur Visionsfindung
  • Anwendung der Erkenntnisse auf Strategischen Allianzen

Change-Management

Die Unternehmensumwelt wandelt sich in zunehmend rascheren Zyklen, befeuert durch die aktuellen Trends in der Globalisierung, Kommunikationstechnologie und den Herausforderungen im Bereich des Umweltschutzes. Die damit einhergehenden Anforderungen im Unternehmensalltag bedürfen gesonderter Managementstrategien bzw. Techniken, die allgemeinhin unter dem Begriff Change-Management zusammengefasst werden. Change-Management bezieht sich daher auf den immer fortschreitenden Prozess der Umstrukturierung einer Organisation bzw. Firma. Dabei stehen die Struktur, die Ausrichtung und die Kompetenzen des jeweiligen Unternehmens im Fokus (Moran & Brightman, 2001). Das Change-Management gilt es insofern von der strategischen Unternehmensführung abzugrenzen, als dass sich letztere überwiegend mit der optimalen Anpassung an die Umwelt beschäftigt, während das Change-Management vor allem nach innen ausgerichtet ist. Die im Rahmen der strategischen Unternehmensführung erarbeitete optimale Anpassung gilt es umzusetzen, wobei vor allem die Mitarbeiter des Unternehmens im Fokus stehen (Lauer, 2014, S. 4). Auch wenn das Change-Management aus dem unternehmerischen Kontext kommt, lassen sich die Erkenntnisse und Methoden auch für andere Institutionen, wie z. B. NGOs, Hilfseinrichtungen, staatliche bzw. kommunale Akteure und Bildungseinrichtungen wie z. B. Universitäten übertragen und einsetzen (Lauer, 2014, S. 6).

Widerstände gegen Wandel

Die Auseinandersetzung mit ständigen Veränderungen und ein strategischer Umgang mit diesen ist gerade in unserer aktuellen Zeit wichtiger denn je. Wie im vorhergehenden Abschnitt dargestellt wurde, wird die Wichtigkeit für den Einsatz von Change-Management auch von unternehmerischer Seite ganz klar wahrgenommen. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass eine Vielzahl von Change-Management-Projekten scheitern. Mit anderen Worten: viele Organisationen und Unternehmen sind für die Wichtigkeit eines strategischen Wandels sensibilisiert, scheitern jedoch oft an der Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Dafür lassen sich eine Vielzahl an Ursachen finden. Neben wirtschaftlichen Belastungen, der Überforderung durch komplexe Zusammenhänge und durch psychologische Mechanismen auf Managementseite, steht jedoch der Widerstand auf Mitarbeiterseite und dem mittleren Management an erster Stelle. Eine Befragung des Hernstein Institut von über 1000 Unternehmen in Deutschland und Österreich (Schott, 2005. S.196) ergab, dass 30 % der gescheiterten Change-Maßnahmen auf die Widerstände von Mitarbeitern zurückzuführen sind und dies somit den häufigsten Grund für das Scheitern darstellt. Welche möglichen Mechanismen auf Mitarbeiter-Seite bzw. auf der persönlichen, psychologischen Ebene dazu führen, Widerstände gegen eine bevorstehenden Veränderung aufzubauen und diese damit zu behindern, oder sogar so weit einzuschränken, dass diese ausbleibt, soll im nachfolgenden Abschnitt geklärt werden.

Unzureichende Kommunikation 

Ein maßgeblicher Grund, bzw. Nährboden für Widerstände ist eine unzureichende Kommunikation von Veränderungsprozessen über verschiedene Abteilungen und Hierarchieebenen hinweg. Dies führt dazu, dass Aussagen und angestrebte Maßnahmen nicht richtig verstanden werden und somit Widerstand gegen die Umsetzung entsteht (Hutt et al., 1995). Der Grund für eine unzureichende Kommunikation liegt in der potentiellen Störanfälligkeit der zwischenmenschlichen Informationsübermittlung. So können zwischen dem Sender bzw. dem Kommunikator und dem Empfänger bzw. Rezipienten verschiedene Übersetzungsund Interpretationsfehler auftreten, was in der Natur der menschlichen Kommunikation liegt. Schulz von Thun (2008) differenziert in seinem Kommunikationsmodell vier verschiedene Aspekte, wonach jede Nachricht aus Sachinhalten, einer Selbstoffenbarung des Senders, einem Apell des Senders und einer Beziehungsebene zwischen Sender und Empfänger besteht. Der Sachinhalt, welcher objektiv hörbar bzw. lesbar ist, macht neben den restlichen, subjektiven Aspekten, nur einen geringen Anteil – gleich der Spitze eines Eisberges – aus. Neben einfachen Unklarheiten auf der Sachebene können besonders Interpretationsfehler zwischen Sender und Empfänger auf den anderen drei Kommunikationsebenen zu Missverständnissen und fehlerhafter Kommunikation führen, wie beispielhaft in der unten stehenden Abbildung 1 aufgeführt ist. Szenario I zeigt die direkte Verbindung zwischen den Informationsebenen, bei der im besten Fall keine Missverständnisse auftreten. Szenario II zeigt den häufigeren Fall, bei dem die vom Sender ausgewählte Kommunikationsebene nicht mit der des Empfängers übereinstimmt. So kann eine reine Sachinformation des Senders, wie beispielsweise: »dieses Produkt ist teuer «, als Apell, etwas günstigeres zu finden, vom Empfänger verstanden werden.

Abbildung 1: Darstellung der vier Informationsebenen in einem Kommunikationsprozess. Angelehnt an das Modell von Schulz von Thun: >Vier Seiten einer Nachricht<. (Quelle: Schulz von Thun, 2008)

Visionen Abb. 1

Angst vor dem Unbekannten

Durch eine fehlerhafte bzw. unzureichende Kommunikation der bevorstehenden Veränderungen in einem Change-Prozess, kann es zu maßgeblichen Informationslücken, z. B. auf Mitarbeiterseite kommen, weil, wie im Abschnitt zuvor beschrieben, entweder Informationen fehlen oder von Empfänger-Seite anders interpretiert werden als von der Sender-Seite intendiert war. Menschen warten nicht auf eine vollständige, aufschlussreiche Informationsgrundlage bevor sie Meinungen bilden oder Entschlüsse fassen. Sie sind es gewöhnt Heuristiken, d. h. Daumenregeln die auf persönlichen Erfahrungen basieren („Gabler Wirtschaftslexikon – Definition: »Heuristik«, o. J.), anzuwenden, um in ihrem Lebensalltag Entscheidungen zu treffen (Shou & Smithson, 2015). Liegen also unzureichende Informationen über den Wandel selbst oder die Zukunft nach dem Wandel vor, werden eigene Szenarien geschaffen und Vorhersagen getroffen. Diese hoch entwickelte Fähigkeit, mögliche zukünftige Szenarien zu visualisieren und durchzuspielen, ermöglicht es dem Menschen sein Verhalten anzupassen und möglichen Gefährdungen vorbereitet zu begegnen (Suddendorf & Corballis, 2007). Eine unzureichende Informationsgrundlage kann also als Anlass dienen, um sich auf eine potentiell bedrohliche Situation vorzubereiten oder es werden Zukunftsbilder auf Basis eigener Erfahrungen geschaffen. Beides kann dazu führen, dass vorliegende Change-Prozesse abgelehnt oder missinterpretiert werden, gerade vor dem Hintergrund, dass Menschen generell dazu tendieren, negativen Informationen mehr Gewicht beizumessen oder bei uneindeutiger Informationsgrundlage über bevorstehende Ereignisse das Schlimmste zu befürchten (Rozin & Royzman, 2001; Baumeister, Bratslavsky, Finkenauer, & Vohs, 2001).

Unzureichende Motivation / Widerstand gegen Veränderung

Ein weiterer Hinderungsgrund für einen bevorstehenden Wandel ist die inhärente Trägheit von Personen. Menschen tendieren generell dazu, gewohnte Denkmuster und Verhaltensweisen beizubehalten und nur im Falle erheblicher Unzufriedenheit Alternativen in Betracht zu ziehen. Diese Verhaltenseigenschaften führte Simon (1982) auf die beschränkten kognitiven und Wahrnehmungsfähigkeiten des Menschen zurück und bezeichnete sie als begrenzt rational. Menschen versuchen sich rational zu verhalten, müssen aber mit begrenzten biologischen Ressourcen für die Entscheidungsfindung zurechtkommen, was daran liegt, dass das menschliche Arbeitsgedächtnis lediglich zwischen 5 bis 7 Informationseinheiten gleichzeitig verarbeiten kann (Miller, 1956). Die Verarbeitung von komplexen Informationen und das Treffen von Entscheidungen ist demnach ein anspruchsvoller Prozess, welcher psychischen Stress auslösen kann und somit gerne vermieden wird. In Entscheidungssituationen zeigt sich demnach, dass oft die Option ausgewählt wird, die vertrauter erscheint und einem gewissen Anspruchsniveau genügt, was für Zufriedenheit, aber nicht unbedingt für eine Optimierung des Zustandes sorgt. Im Kontext des Change-Managements bedeutet dies, dass ein Wandel überhaupt erst in Betracht gezogen wird, wenn eine echte Unzufriedenheit vorliegt und keine Alternativen zur Verfügung stehen, die zumindest eine kurzzeitige Befreiung von dem Entscheidungsdruck gewährleisten. Dies wiederum führt dazu, dass nötige Veränderungen selten rechtzeitig eingeleitet, sondern erst dann angegangen werden, wenn ein nötig hoher Spannungszustand vorliegt. Neben der Vermeidung von komplexen Entscheidungen kann der Widerstand gegen Veränderungen auch aus verschiedenen anderen motivationalen Quellen stammen. Deci & Ryan (1985) differenzieren verschiedene Motivationsformen und erklären zudem ein niedriges Level an Motivation mit dem Glauben, dass zwischen dem eigenen Handeln und dem gewünschten Ergebnis kein Zusammenhang besteht, d. h. keine Selbstwirksamkeit vorliegt. Im Zusammenhang mit angestrebten Veränderungen bedeutet dies wiederum, dass Menschen keine Handlungsmotivation aufbringen können, wenn das Ergebnis der Handlung unklar ist oder sie das Gefühl haben, keinen bedeutenden Beitrag zu der Veränderung leisten zu können. Ähnlich führt neben einer geringen Selbstwirksamkeit eine geringe Ergebniserwartung zu einer niedrigen Verhaltensbzw. Veränderungsmotivation (Attkinson, 1957). Wenn also die nötigen Anstrengungen bzw. Kosten für einen Change-Prozess, z. B. wirtschaftliche Einschränkungen, die Vorteile des Wandels übersteigen, werden diese nicht oder nur sehr widerwillig in Kauf genommen.

Visionen als Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Wandel

 

Gerade in Unternehmen werden Change-Prozesse von oberen Führungsebenen eingeleitet und begegnen auf ihrem Weg den im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Widerständen. Um diesen adäquat zu begegnen bzw. präventiv entgegen zu wirken, bedarf es klaren Zielvorstellungen, welche über alle unterschiedlichen Kommunikationstypen und Abteilungen hinweg verständlich sind, welche ein klares Ergebnis der bevorstehenden Aufgaben bzw. Veränderungen vermitteln und gleichzeitig ein positives, kraftvolles Bild skizzieren, welches als Motivationsgrundlage für die Implementierung der nötigen Handlungsschritte dient. Zur Erfüllung all dieser Anforderungen eignet sich der Einsatz starker Visionen.

56 % der erfolglosen Change-Vorhaben scheitern an unklaren Zielvorstellungen und Visionen.

Welchen gewichtigen Einfluss Visionen im Change-Management haben, zeigt eine repräsentativen Vollerhebung von allen deutschen Unternehmen mit mehr als 1000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der Beratungsgesellschaft C4Consulting in Zusammenarbeit mit der TU München. So wurde ermittelt, dass 56 % der erfolglosen Change-Vorhaben an unklaren Zielvorstellungen und Visionen scheitern (Hauben et al., 2007). Welche Beschaffenheit Visionen aufweisen sollten und wie diese kommuniziert werden können, damit diese als Erfolgsfaktoren für den Wandel eingesetzt werden und nicht den Grund zum Scheitern darstellen, wird in den folgenden Abschnitten genauer behandelt.

Vision – ein Definitionsversuch

Für den Visionsbegriff lassen sich verschiedene Definitionen finden, welche meist aus dem Kontext einer visionären Unternehmensführung stammen. So werden z. B. Visionen als zukunftsorientierte Ziele bezeichnet, welche eine hohe Bedeutsamkeit für alle besitzen, die nach deren Erreichung streben (Kanungo, 1998). Shamir & House (1993) beschreiben eine Vision als ein anzustrebendes Ziel, welches sich aus gemeinsamen Werten des Unternehmens ergibt. Visionen werden auch motivierende Eigenschaften zugesprochen, die es ermöglichen, die Kraft aufzubringen, komplexe Aufgaben zu meistern und ein optimistisches Bild von der Zukunft zu skizzieren (Tichy & DeVanna, 1990). Neben der reinen Definition des Ziels und dessen motivierenden Wirkung, sieht beispielsweise Yukel (2013) auch die entsprechenden Strategien zur Erreichung des Ziels als Teil einer Vision. Aufgrund der vielfältigen Definitionen ist es sinnvoll das Konstrukt der Vision von anderen, verwandten Konstrukten, abzugrenzen um so ein besseres Verständnis von der eigentlichen Begrifflichkeit zu erhalten. Campbell und Yeung (1991) unterscheiden eine Vision dahingehend von einer Unternehmensmission bzw. einem strategischen Statement, dass Visionen im eigentlichen Sinne mental repräsentierte Bilder darstellen, welche keine Handlungsanweisungen oder Empfehlungen enthalten, sondern für sich stehen, womit sie Yukels (2013) Visionsbegriff widersprechen. Von einer Utopie lässt sich eine Vision insofern abgrenzen, als dass eine Utopie sich zwar auch auf ein positives, zukünftiges und bildhaftes Ziel stützt, jedoch im Gegensatz zu einer Vision in der Realität nicht zu erreichen ist (Landridge, 2006). Auffällig ist, dass in so gut wie allen Definitionen der Zielbegriff im Zusammenhang mit dem Visionsbegriff auftaucht. Visionen scheinen daher eine nahe Verwandtschaft zu herkömmlichen Zielen aufzuweisen, unterscheiden sich jedoch in einigen wesentlichen Punkten. Wie der Begriff bereits impliziert, handelt es sich bei Visionen um eine bildliche Darstellung, auch wenn diese lediglich mental repräsentiert sein sollte (Kouzes & Posner, 1987), während Ziele eher verbal kodiert sind (Schultheiß et al. 2011). Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei Visionen um positive, bildliche Ziele handelt, die realistisch erreichbar sind und eine starke motivierende Wirkung ausüben. Von klassischen Zielen lassen sie sich insofern abgrenzen, als dass sie eher abstrakter sind und das Unternehmen als Ganzes betreffen. Aus Visionen lassen sich wiederum hierarchische Ziele ableiten, welche zur Erreichung der Vision beitragen können.

Warum lassen sich mithilfe von Visionen Widerstände überwinden? Oder: Der Erfolgsbeitrag von Visionen für einen Change-Prozess

Die Definitionen im vorhergehenden Abschnitt zeigen bereits eindeutige positive Eigenschaften von Visionen auf. Allerdings soll nachgehend genauer beleuchtet werden, warum der Einsatz von Visionen positiv auf den Abbau von Widerständen gegen einen Wandel wirkt, wobei ein direkter Bezug zu den zuvor beschriebenen Widerständen auf Mitarbeiterseite hergestellt werden soll.

Mithilfe von Visionen besser kommunizieren

Sprache, die Bilder erzeugt, oder sprachlich dargestellte bildhafte Vergleiche wie Metaphern sind großer Bestandteil unserer Kommunikation und dienen dazu, wie bereits Lakhoff und Johnson (1980) feststellten, Informationen zusammenzufassen und verständlich aufzubereiten. Bildliche Sprache ist einfacher zu verarbeiten und kann einfacher erinnert werden. Bildhafte Vergleiche sind daher ein effektives Kommunikationsmittel und erscheinen uns daher so natürlich, weil sie ein wesentlicher Bestandteil unserer Kognition sind und uns helfen besonders abstrakte Konzepte und Inhalte zu verarbeiten (Gibbs, Costa Lima, & Francozo, 2004). Bildhafte Sprache ermöglicht eine erfolgreichere Kommunikation, der mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, die länger erinnert wird und mit persönlichen Emotionen verknüpft wird, was man beispielsweise im Bereich der Werbung oder auch bei erfolgreichen Politikern und Rednern beobachten kann (Perkins, Kessler & Murphy, 2009). Im Gesundheitsbereich hat sich beispielsweise auch gezeigt, dass gewichtige und emotionale Informationen verständlicher und effektiver mithilfe bildhafter Sprache vermittelt werden können (Casarett et al., 2010). Der bildhafte Charakter von Visionen ist somit eine einfache Möglichkeit effektiver über verschiedene Abteilungen hinweg zu kommunizieren und Informationen längerfristig zu vermitteln.

Mithilfe von Visionen die Angst vor dem Unbekannten auflösen bzw. eine klare Richtung vorgeben

Angst vor dem Unbekannten kommt durch fehlende Informationen und Eindrücke. Eine Vision bietet diese Informationen in visueller, leicht zu verarbeitender Form. Mithilfe einer Vision wird ein Blick in die Zukunft ermöglicht und somit die Angst vor der Ungewissheit genommen. Zudem gibt eine Vision auch in unsicheren
Zeiten eine Orientierung vor, die sowohl auf die Bereiche der Unternehmensführung als auch auf tagesgeschäftliche Entscheidungen und Handlungen einen positiven Einfluss hat (Magyar, 1989).

Angst vor dem Unbekannten

Durch eine fehlerhafte bzw. unzureichende Kommunikation der bevorstehenden Veränderungen in einem Change-Prozess, kann es zu maßgeblichen Informationslücken, z. B. auf Mitarbeiterseite kommen, weil, wie im Abschnitt zuvor beschrieben, entweder Informationen fehlen oder von Empfänger-Seite anders interpretiert werden als von der Sender-Seite intendiert war. Menschen warten nicht auf eine vollständige, aufschlussreiche Informationsgrundlage bevor sie Meinungen bilden oder Entschlüsse fassen. Sie sind es gewöhnt Heuristiken, d. h. Daumenregeln die auf persönlichen Erfahrungen basieren („Gabler Wirtschaftslexikon – Definition: »Heuristik«, o. J.), anzuwenden, um in ihrem Lebensalltag Entscheidungen zu treffen (Shou & Smithson, 2015). Liegen also unzureichende Informationen über den Wandel selbst oder die Zukunft nach dem Wandel vor, werden eigene Szenarien geschaffen und Vorhersagen getroffen. Diese hoch entwickelte Fähigkeit, mögliche zukünftige Szenarien zu visualisieren und durchzuspielen, ermöglicht es dem Menschen sein Verhalten anzupassen und möglichen Gefährdungen vorbereitet zu begegnen (Suddendorf & Corballis, 2007). Eine unzureichende Informationsgrundlage kann also als Anlass dienen, um sich auf eine potentiell bedrohliche Situation vorzubereiten oder es werden Zukunftsbilder auf Basis eigener Erfahrungen geschaffen. Beides kann dazu führen, dass vorliegende Change-Prozesse abgelehnt oder missinterpretiert werden, gerade vor dem Hintergrund, dass Menschen generell dazu tendieren, negativen Informationen mehr Gewicht beizumessen oder bei uneindeutiger Informationsgrundlage über bevorstehende Ereignisse das Schlimmste zu befürchten (Rozin & Royzman, 2001; Baumeister, Bratslavsky, Finkenauer, & Vohs, 2001).

Unzureichende Motivation / Widerstand gegen Veränderung

Ein weiterer Hinderungsgrund für einen bevorstehenden Wandel ist die inhärente Trägheit von Personen. Menschen tendieren generell dazu, gewohnte Denkmuster und Verhaltensweisen beizubehalten und nur im Falle erheblicher Unzufriedenheit Alternativen in Betracht zu ziehen. Diese Verhaltenseigenschaften führte Simon (1982) auf die beschränkten kognitiven und Wahrnehmungsfähigkeiten des Menschen zurück und bezeichnete sie als begrenzt rational. Menschen versuchen sich rational zu verhalten, müssen aber mit begrenzten biologischen Ressourcen für die Entscheidungsfindung zurechtkommen, was daran liegt, dass das menschliche Arbeitsgedächtnis lediglich zwischen 5 bis 7 Informationseinheiten gleichzeitig verarbeiten kann (Miller, 1956). Die Verarbeitung von komplexen Informationen und das Treffen von Entscheidungen ist demnach ein anspruchsvoller Prozess, welcher psychischen Stress auslösen kann und somit gerne vermieden wird. In Entscheidungssituationen zeigt sich demnach, dass oft die Option ausgewählt wird, die vertrauter erscheint und einem gewissen Anspruchsniveau genügt, was für Zufriedenheit, aber nicht unbedingt für eine Optimierung des Zustandes sorgt. Im Kontext des Change-Managements bedeutet dies, dass ein Wandel überhaupt erst in Betracht gezogen wird, wenn eine echte Unzufriedenheit vorliegt und keine Alternativen zur Verfügung stehen, die zumindest eine kurzzeitige Befreiung von dem Entscheidungsdruck gewährleisten. Dies wiederum führt dazu, dass nötige Veränderungen selten rechtzeitig eingeleitet, sondern erst dann angegangen werden, wenn ein nötig hoher Spannungszustand vorliegt. Neben der Vermeidung von komplexen Entscheidungen kann der Widerstand gegen Veränderungen auch aus verschiedenen anderen motivationalen Quellen stammen. Deci & Ryan (1985) differenzieren verschiedene Motivationsformen und erklären zudem ein niedriges Level an Motivation mit dem Glauben, dass zwischen dem eigenen Handeln und dem gewünschten Ergebnis kein Zusammenhang besteht, d. h. keine Selbstwirksamkeit vorliegt. Im Zusammenhang mit angestrebten Veränderungen bedeutet dies wiederum, dass Menschen keine Handlungsmotivation aufbringen können, wenn das Ergebnis der Handlung unklar ist oder sie das Gefühl haben, keinen bedeutenden Beitrag zu der Veränderung leisten zu können. Ähnlich führt neben einer geringen Selbstwirksamkeit eine geringe Ergebniserwartung zu einer niedrigen Verhaltensbzw. Veränderungsmotivation (Attkinson, 1957). Wenn also die nötigen Anstrengungen bzw. Kosten für einen Change-Prozess, z. B. wirtschaftliche Einschränkungen, die Vorteile des Wandels übersteigen, werden diese nicht oder nur sehr widerwillig in Kauf genommen.

Visionen als Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Wandel

Gerade in Unternehmen werden Change-Prozesse von oberen Führungsebenen eingeleitet und begegnen auf ihrem Weg den im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Widerständen. Um diesen adäquat zu begegnen bzw. präventiv entgegen zu wirken, bedarf es klaren Zielvorstellungen, welche über alle unterschiedlichen Kommunikationstypen und Abteilungen hinweg verständlich sind, welche ein klares Ergebnis der bevorstehenden Aufgaben bzw. Veränderungen vermitteln und gleichzeitig ein positives, kraftvolles Bild skizzieren, welches als Motivationsgrundlage für die Implementierung der nötigen Handlungsschritte dient. Zur Erfüllung all dieser Anforderungen eignet sich der Einsatz starker Visionen. Welchen gewichtigen Einfluss Visionen im Change-Management haben, zeigt eine repräsentativen Vollerhebung von allen deutschen Unternehmen mit mehr als 1000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der Beratungsgesellschaft C4Consulting in Zusammenarbeit mit der TU München. So wurde ermittelt, dass 56 % der erfolglosen Change-Vorhaben an unklaren Zielvorstellungen und Visionen scheitern (Hauben et al., 2007). Welche Beschaffenheit Visionen aufweisen sollten und wie diese kommuniziert werden können, damit diese als Erfolgsfaktoren für den Wandel eingesetzt werden und nicht den Grund zum Scheitern darstellen, wird in den folgenden Abschnitten genauer behandelt.

Vision – ein Definitionsversuch

Für den Visionsbegriff lassen sich verschiedene Definitionen finden, welche meist aus dem Kontext einer visionären Unternehmensführung stammen. So werden z. B. Visionen als zukunftsorientierte Ziele bezeichnet, welche eine hohe Bedeutsamkeit für alle besitzen, die nach deren Erreichung streben (Kanungo, 1998). Shamir & House (1993) beschreiben eine Vision als ein anzustrebendes Ziel, welches sich aus gemeinsamen Werten des Unternehmens ergibt. Visionen werden auch motivierende Eigenschaften zugesprochen, die es ermöglichen, die Kraft aufzubringen, komplexe Aufgaben zu meistern und ein optimistisches Bild von der Zukunft zu skizzieren (Tichy & DeVanna, 1990). Neben der reinen Definition des Ziels und dessen motivierenden Wirkung, sieht beispielsweise Yukel (2013) auch die entsprechenden Strategien zur Erreichung des Ziels als Teil einer Vision. Aufgrund der vielfältigen Definitionen ist es sinnvoll das Konstrukt der Vision von anderen, verwandten Konstrukten, abzugrenzen um so ein besseres Verständnis von der eigentlichen Begrifflichkeit zu erhalten. Campbell und Yeung (1991) unterscheiden eine Vision dahingehend von einer Unternehmensmission bzw. einem strategischen Statement, dass Visionen im eigentlichen Sinne mental repräsentierte Bilder darstellen, welche keine Handlungsanweisungen oder Empfehlungen enthalten, sondern für sich stehen, womit sie Yukels (2013) Visionsbegriff widersprechen. Von einer Utopie lässt sich eine Vision insofern abgrenzen, als dass eine Utopie sich zwar auch auf ein positives, zukünftiges und bildhaftes Ziel stützt, jedoch im Gegensatz zu einer Vision in der Realität nicht zu erreichen ist (Landridge, 2006). Auffällig ist, dass in so gut wie allen Definitionen der Zielbegriff im Zusammenhang mit dem Visionsbegriff auftaucht. Visionen scheinen daher eine nahe Verwandtschaft zu herkömmlichen Zielen aufzuweisen, unterscheiden sich jedoch in einigen wesentlichen Punkten. Wie der Begriff bereits impliziert, handelt es sich bei Visionen um eine bildliche Darstellung, auch wenn diese lediglich mental repräsentiert sein sollte (Kouzes & Posner, 1987), während Ziele eher verbal kodiert sind (Schultheiß et al. 2011). Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich bei Visionen um positive, bildliche Ziele handelt, die realistisch erreichbar sind und eine starke motivierende Wirkung ausüben. Von klassischen Zielen lassen sie sich insofern abgrenzen, als dass sie eher abstrakter sind und das Unternehmen als Ganzes betreffen. Aus Visionen lassen sich wiederum hierarchische Ziele ableiten, welche zur Erreichung der Vision beitragen können.

Warum lassen sich mithilfe von Visionen Widerstände überwinden? Oder: Der Erfolgsbeitrag von Visionen für einen Change-Prozess

Die Definitionen im vorhergehenden Abschnitt zeigen bereits eindeutige positive Eigenschaften von Visionen auf. Allerdings soll nachgehend genauer beleuchtet werden, warum der Einsatz von Visionen positiv auf den Abbau von Widerständen gegen einen Wandel wirkt, wobei ein direkter Bezug zu den zuvor beschriebenen Widerständen auf Mitarbeiterseite hergestellt werden soll.

Mithilfe von Visionen besser kommunizieren

Sprache, die Bilder erzeugt, oder sprachlich dargestellte bildhafte Vergleiche wie Metaphern sind großer Bestandteil unserer Kommunikation und dienen dazu, wie bereits Lakhoff und Johnson (1980) feststellten, Informationen zusammenzufassen und verständlich aufzubereiten. Bildliche Sprache ist einfacher zu verarbeiten und kann einfacher erinnert werden. Bildhafte Vergleiche sind daher ein effektives Kommunikationsmittel und erscheinen uns daher so natürlich, weil sie ein wesentlicher Bestandteil unserer Kognition sind und uns helfen besonders abstrakte Konzepte und Inhalte zu verarbeiten (Gibbs, Costa Lima, & Francozo, 2004). Bildhafte Sprache ermöglicht eine erfolgreichere Kommunikation, der mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, die länger erinnert wird und mit persönlichen Emotionen verknüpft wird, was man beispielsweise im Bereich der Werbung oder auch bei erfolgreichen Politikern und Rednern beobachten kann (Perkins, Kessler & Murphy, 2009). Im Gesundheitsbereich hat sich beispielsweise auch gezeigt, dass gewichtige und emotionale Informationen verständlicher und effektiver mithilfe bildhafter Sprache vermittelt werden können (Casarett et al., 2010). Der bildhafte Charakter von Visionen ist somit eine einfache Möglichkeit effektiver über verschiedene Abteilungen hinweg zu kommunizieren und Informationen längerfristig zu vermitteln.

Mithilfe von Visionen die Angst vor dem Unbekannten auflösen bzw. eine klare Richtung vorgeben

Angst vor dem Unbekannten kommt durch fehlende Informationen und Eindrücke. Eine Vision bietet diese Informationen in visueller, leicht zu verarbeitender Form. Mithilfe einer Vision wird ein Blick in die Zukunft ermöglicht und somit die Angst vor der Ungewissheit genommen. Zudem gibt eine Vision auch in unsicheren Zeiten eine Orientierung vor, die sowohl auf die Bereiche der Unternehmensführung als auch auf tagesgeschäftliche Entscheidungen und Handlungen einen positiven Einfluss hat (Magyar, 1989).

Mithilfe von Visionen motivieren

Visionen als positive, bildhafte Zielstellungen, wie sie zuvor definiert wurden, haben einen motivierenden Einfluss auf diejenigen, die an deren Umsetzung arbeiten. Positive, bildliche Repräsentationen einer möglichen Zukunft in der man sich selbst sieht, können nicht nur zum Handeln motivieren, sondern auch die Leistung steigern (Oyserman, Bybee, & Terry, 2006). In verschiedenen Studien hat sich immer wieder gezeigt, dass die Visualisierung einer positiven Zukunft bzw. einer erfolgreichen Zukunft die Leistung und Motivation erhöht, diese auch zu erreichen. Im Gegensatz, wenn lediglich der Prozess oder sogar eine Zukunft mit negativen Folgen visualisiert wurde (Sherman et al., 1981; Taylor & Pham, 1996). Durch den visuellen Charakter von Visionen bzw. der Verwendung visueller Sprache wie z. B. Metaphern werden visuell-sensorische Areale im Gehirn aktiviert und somit mentale Bilder erzeugt, die eine starke emotionale Bedeutung vermitteln. Im Gegensatz dazu erzeugen abstrakte Begrifflichkeiten, wie z. B. Zahlen oder konzeptuelle Begriffe wie Umsatz oder Gewinn, welche eher für die Beschreibung von Missionen oder Zielstellungen verwendet werden, eher logische Kognitionen und entfalten somit auch weniger motivierendes Potential und üben geringere Handlungsimpulse aus (Emmrich et al., 2001; Campos, 1989, p. 496). Zusammenfassend kann man sagen, dass gerade der bildhafte Charakter einer Vision, in Zusammenhang mit einer positiven Grundinformation, einen besonders motivierenden Einfluss ausüben kann.

Visionen werden auch motivierende Eigenschaften zugesprochen, die es ermöglichen, die Kraft aufzubringen, komplexe Aufgaben zu meistern und ein optimistisches Bild von der Zukunft zu skizzieren.

Visionsbestandteile und deren Entwicklung

Welche Eigenschaften sollte eine erfolgreiche Vision beinhalten?

Viele Forscher im Bereich der Organisationsführungund des Managements haben sich mit der Frage beschäftigt, welche Eigenschaften eine Vision aufweisen muss, damit sie einen bedeutsamen Einfluss auf die Entwicklung einer Organisation ausüben kann. Zahlreiche Attribute wurden über verschiedene Studien und theoretische Arbeiten hinweg identifiziert, jedoch lassen sich jeweils gewisse Überschneidungen finden, bzw. Eigenschaften identifizieren, die immer wieder als wesentliche Bestandteile einer Vision genannt wurden. So konnten insgesamt sieben, weitverbreitet Attribute identifiziert und definiert werden (Locke et al. 1991; Baum, 1994; Baum et al. 1998).

  • Kürze: Eine Vision sollte kurz und knapp formuliert sein ohne die Eindeutigkeit der Vision einzuschränken.
  • Klarheit: Eine Vision sollte präzise und klar formuliert sein, damit sie leicht verstanden und somit auch leicht angenommen werden kann.
  • Zukunftsorientiert: Eine Vision sollte langfristige Perspektiven enthalten, um als Leitfaden für die ferne Zukunft der jeweiligen Organisation dienen zu können.
  • Stabilität: Eine Vision sollte so abstrakt sein, dass sie ihre Gültigkeit auch bei regelmäßigen Veränderungen, beispielsweise auf den Märkten, beibehält.
  • Herausfordernd: Eine Vision sollte attraktive, aber auch herausfordernde Zielstellungen enthalten um ihre motivierenden Eigenschaften entfalten zu können.
  • Abstraktheit: Eine Vision sollte eine allgemeine Idee enthalten und weniger auf ein sehr spezifisches Ziel bezogen sein. Es sollte kein eng gestecktes Ziel sein, das bei Erreichung abgehakt werden kann.
  • Anziehungskraft und Inspirationskraft: Eine Vision sollte ein Ideal enthalten, welches die, die der Vision folgen, dazu inspiriert hart dafür zu arbeiten. Ist eine Vision für die jeweiligen Anteilnehmer nicht attraktiv, wird sie schnell aufgegeben.

Kantabutra (2003) erklärt, warum jedes der sieben einzelnen Attribute einen wichtigen Bestandteil einer erfolgreichen Vision ausmacht. Beispielsweise ist die Länge eines Visions-Statements insofern entscheidend, weil eine zu kurze Aussage zu wenig Inhalte transportieren und somit nicht inspirierend oder herausfordernd genug sein kann. Eine zu lange Formulierung, die zu spezifisch und präzise formuliert ist, kann hingegen nicht ihre Kraft entfalten, weil sie durch ihre Komplexität nicht oft genug wiederholt und somit auch nicht verinnerlicht werden kann. Der Abstraktheitsgrad sollte so hoch sein, damit die Vision, auch über kleinere Veränderungen hinweg, stabil bleibt und die Vision trotzdem so greifbar bleibt, dass sich Personen damit identifizieren können. Das Bild einer attraktiven und herausfordernden Zukunft, die kurz und damit einprägsam und doch starken Identifikationscharakter hat, macht eine effektive Vision aus.

Welche Inhalte sollten in einer Vision verarbeitet werden?

Die Inhalte einer Vision können sich je nach Branche und unternehmerischem Umfeld stark unterscheiden und sollten beispielsweise laut Pearson (1989) an der jeweiligen Industrie, den jeweiligen Kunden und dem Wettbewerbsumfeld orientieren. Westley und Mintzberg (1989) sehen eher die Produkte bzw. die Dienstleistungen und die Märkte als Inhalte für Visions-Statements. Im Gesundheitsbereich sollte das Hauptaugenmerk laut Williams-Brinkley (1999) eher auf den Patienten, deren Familien und allen Beschäftigten liegen. Im Endeffekt hängt der Inhalt davon ab, wie sich ein Unternehmen oder eine Organisation positionieren möchte und in welchen Abhängigkeiten es sich in der Zukunft sieht. In Anbetracht der Zukunftsausrichtung einer Vision ist es sicher sinnvoll, Inhalte mit aufzunehmen, welche der Organisation bzw. dem Unternehmen ein nachhaltiges Bestehen sichern und somit die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft berücksichtigt (Kantabutra 2005b).

Beispiel aus der Wirtschaft

Ein bekannter Visionär des 20. Jahrhunderts war Henry Ford. Seine Vision zur Revolutionierung der individuellen Fortbewegung zielte vor allem auf die Bedürfnisse der Menschen ab. Seine Vision war es, jedem die Möglichkeit zu bieten, ein Auto zu fahren und so das Pferd als Individualtransportmittel Nummer eins abzulösen. So lautetet seine Vision, übersetzt nach Simon (2004, S. 497):

Jedermann wird in der Lage sein, sich ein solches Fahrzeug zu kaufen. Das Pferd wird von unseren Straßen verschwinden, und das Automobil wird zu einer Selbstverständlichkeit werden.

Henry Fords Vision erzeugt ein klares, unmissverständliches Bild einer von ihm vorhergesehenen Zukunft. Die Kürze ermöglicht eine schnelle und wiederholte Kommunikation. Der Abstraktheitsgrad ist so gewählt, dass das Bild zwar eindeutig, aber stabil über Jahre hinweg bestehen kann. Das zu einem gewissen Zeitpunkt das Auto als Fortbewegungsmittel Selbstverständlichkeit werden würde, war damals eine gewagte, aber nicht unrealistische Behauptung und somit als motivierende Kraft geeignet.

Voraussetzungen für die Entwicklung einer Vision

Eine Vision ist ein integraler Bestandteil eines Change-Prozesses und sollte demnach zu Beginn herausgearbeitet werden. So haben alle Beteiligten die Möglichkeit, sich eingehend mit den anstehenden Veränderungen auseinanderzusetzen und die Vision als Leitfaden für die Durchführung der anstehenden Prozesse zu nutzen. Bevor ein starkes, motivierendes Zukunftsszenario skizziert wird, sollte eine Analyse der aktuellen Situation der jeweiligen Organisation durchgeführt werden, damit, ausgehend vom Status quo, zukünftige Ziele der Vision, klarer formuliert werden können (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 15). Eine Vision soll für alle Abteilungen und Beteiligten der jeweiligen Organisation gelten und diese entsprechend erreichen und motivieren. Um dies zu gewährleisten, muss eine hohe Identifikation jedes Einzelnen mit der Vision stattfinden, was am einfachsten durch Mitgestaltung und Mitbestimmung erreicht wird. In den seltensten Fällen, abhängig von der Organisationsgröße, ist es möglich alle Beteiligten in den Visionsfindungsprozess von Beginn an mit einzubinden. Daher ist es notwendig einen Arbeitskreis zusammenzustellen, dessen Teilnehmerzahl groß genug ist, um am Ende genügend Multiplikatoren für die entsprechende Vision zu haben und aber auch klein genug ist um effektiv zu arbeiten und intensive Diskussionen führen zu können. Stolzenberg und Heberle (2013, S. 18) empfehlen daher eine Gruppengröße von ca. 12 Personen. Aufgrund der Größenbegrenzung wird es automatisch zu einem Auswahlprozess für die Teilnehmer kommen, welcher sich in einem Spannungsfeld zwischen einfacher Kommunikation der Vision durch viele Teilnehmer und damit viele Multiplikatoren und aufwendige Erstellung durch viele Personen befindet. Um die Zusammenstellung der Teilnehmer zu erleichtern, können folgenden Fragen zur Auswahl herangezogen werden:

  1. Wie hoch ist die Umsetzungsmöglichkeitder jeweiligen Teilnehmer für die Vision? (z.B. hohe Umsetzungskraft liegt im Top-Management bzw. bei den Führungspositionen)
  2. Wie hoch ist das Wissen über den Status Quo der Organisation, das Umfeld und die Entwicklung der Zukunft? (z.B. hohes Wissen bei Personen in strategischen Positionen)
  3. Wie hoch ist die Akzeptanz bzw. die Wertschätzung, sowohl bei Führungskräften als auch bei Mitarbeitern (Angesehene und bekannte Führungskräfte und Mitarbeiter, oder z. B. Mitarbeitervertreter).

Aufgrund der begrenzten Gruppengröße und der Einflussmöglichkeiten setzten sich Visionsteams oft aus den oberen Managementbereiche zusammen und werden bei ihrer Arbeit von einem Moderator unterstützt (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 19).

Methoden zur erfolgreichen Formulierung von Visionen

In den vorhergehenden Abschnittenwurde geklärt, welche Bestandteile eineVision mit sich bringt und wer sich umdie Entwicklung kümmern sollte. Für dieFormulierung einer motivierenden Vision,welche ein attraktives und lebhaftesBild der Zukunft zeichnet und dochso allgemein gehalten ist, dass sich alledamit identifizieren können, bedarf eseines kreativen Prozesses. In der bishervorgestellten Literatur findet dieser kreativeProzess meist durch künstlerischeBetätigung in Workshop-Formaten statt.Diese Form der Visionsfindung wäre fürdas Projekt »Bottrop 2018+« aus unsererSicht ungeeignet, da die Akteure bereitsdas Arbeiten in gängigen Workshop-Formatenals zu spielerisch empfundenhaben. Die im Folgenden vorgestellteMethode von flux – impulse beschreibtden Visionsfindungsprozess innerhalbeines Workshops in acht aufeinanderaufbauenden Schritten. Dieser Prozessbasiert auf praktischen Erfahrungen inder Erarbeitung von Visionen mit kleinenund mittelgroßen Gruppen aus demstädtischen und unternehmerischenKontext. Mehr Informationen finden Sie auf www.flux-impulse.de/visionen.

Der Visionsfindungsprozess nach flux – impulse

Schritt I: Visualisierungsmethode | Verstecktes Wissen und Vorstellungen heben

Die Workshopteilnehmer werden dazu angeleitet ihre Augen zu schließen und sich ein lebhaftes Bild ihrer Vision zu machen, bzw. die Zukunft des Unternehmens oder des Projekts zu beobachten. Dabei werden sie mithilfe von Fragen angeleitet, um so ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten.

Zielstellung

Hierbei geht es um eine angeleitete Visualisierungsübung, bei der sich die Workshopteilnehmer die Inhalte der Vision vor Augen führen sollen. Ziel ist es, alle impliziten Vorstellungen zutage zu fördern und evtl. auch zu prüfen ob sehr unterschiedliche Bilder existieren. Es geht um eine reine Beobachtungsaufgabe, wobei die spontan auftauchenden Bilder und Assoziationen intensiv wahrgenommen und beschrieben werden sollen.

Anleitung

Vorbereitung der Visualisierungsübung:

»Bitte schließen Sie die Augen, wir werden jetzt für 3 Minuten einen Blick in die Zukunft werfen.« Beschreiben Sie die Rahmenbedingungen für das abzurufende Bild. D. h. leiten sie die Teilnehmer dazu an, sich das Unternehmen oder das Projekt in fünf, zehn oder zwanzig Jahren vorzustellen. Im Anschluss können sie eine Reihe von Fragen stellen bzw. Anweisungen geben, welche sie sich im Vorfeld zurechtlegen sollten. Die Fragen sollten so gewählt sein, dass anhand ihrer Beantwortung die wichtigsten Merkmale des Unternehmens bzw. des Projekts beschrieben werden können. Mögliche Fragen könnten sein:

  • Sie lesen die Tageszeitung und entdecken einen Artikel über ihr Unternehmen, was steht darin?
  •  Wen treffen sie auf Ihrem Weg zum Arbeitsplatz?
  • Sie haben ein Meeting: Was wird besprochen, wer nimmt teil?
  • Wie ist die Stimmung?
  • Sie haben einen neuen Nachbarn oder sie treffen einen alten Bekannten und erzählen ihm von ihrem   Arbeitgeber. Was erzählen sie? Wie fühlen sie sich dabei? Wie reagiert ihr Gegenüber?
  • Sie sollen einen neuen Mitarbeiter einführen. Was erzählen sie ihm über das Unternehmen/Projekt?

Praxishinweis

Darauf hinweisen, dass das Schließen der Augen wesentlich zum Erfolg der Methode beiträgt. Falls jemandem unwohl dabei sein sollte, bitten Sie ihn sich einen Punkt an einer neutralen Fläche im Raum zu suchen und diesen während der Übung zu fixieren. Beschreiben sie die Übung als Vorbereitung der Analyseverfahren. Nehmen sie die Zielstellungen nicht vorweg, damit die Übung möglichst unvoreingenommen durchgeführt werden kann. Halten Sie ihre Stimmlage ruhig, machen sie ausreichend Pausen zwischen den Fragen (ca. 5 Sekunden). Insgesamt sollte die Übung nicht länger als 3 Minuten dauern, damit nicht zu viel Energie aus dem Workshop genommen wird. Führen Sie die Teilnehmer in die Gegenwart zurück, indem sie sie anweisen gedanklich wieder in den Raum zurückzukommen. Weisen sie sie dazu an, kurz ihre Fäuste fest zu ballen und dann ihre Augen zu öffnen. Dies ist eine oft verwendete Methode, um sich wieder in der Gegenwart zu »erden«.


Schritt II: Storytelling

In diesem Schritt geht es darum, die zuvor in der Visualisierungsübung erzeugten Bilder sprachlich zu fixieren. Dafür werden die in der Visualisierungsübung als Orientierung verwendeten Fragen bzw. Anweisungen nochmals präsentiert. Die Ergebnisse werden auf Karten von jeder einzelnen Person ohne Nebengespräche festgehalten. Im Anschluss stellen alle nacheinander ihre Begriffe vor.

Zielstellung

Durch die sprachliche Formulierung der visualisierten Bilder werden die zuerst nur implizit vorhandenen, d. h. nicht bewussten, Informationen und Vorstellungen, in das Bewusstsein transferiert und stehen somit zur weiteren Verarbeitung und Kommunikation zur Verfügung. Durch das Erzählen einer Geschichte, bzw. eines lebhaften Erfahrungsberichtes entstehen bereits Strukturen, die später in der Ausformulierung der Vision verwendet werden können.

Anleitung

Zuerst werden die Orientierungsfragen bzw. Anweisungen aus Schritt eins präsentiert. Der Arbeitsauftrag lautet, die durch die Fragen / Anweisungen erzeugten Bilder aus Schritt eins mit prägnanten Begriffen auf Karten zu verschriftlichen. Im Anschluss sollen die Begriffe so angeordnet werden, dass eine zusammenhängende Geschichte entsteht. Jeder Teilnehmer erzählt seine Geschichte und pinnt parallel dazu die festgehaltenen Begriffe auf eine gut sichtbar positionierte Pinnwand.

Praxishinweise

Oft fällt es den Teilnehmern schwer ihre Begriffe als zusammenhängende Geschichte zu präsentieren, daher kann dieser Schritt freigestellt werden. Allerdings hat die Formulierung einer zusammenhängenden Geschichte den Vorteil, dass bereits Formulierungen für eine spätere Vision entstehen, daher sollten die Teilnehmer dazu ermutigen werden.


Schritt III: Analyse der Motive und Zielstellung

In diesem Schritt werden die Ziele und die Motivation für die Formulierung einer Vision herausgearbeitet und festgehalten. Zudem können auch Veränderungswünsche oder aktuelle Probleme und Herausforderungen mit in die Analyse einfließen.

Zielstellung

Ziel dieses Schrittes ist es, den Status Quo herauszuarbeiten und konkrete Bedarfe zu benennen. Das Ergebnis der Analyse gilt als Ausgangsstellung für den Weg zur Verwirklichung der erarbeiteten Vision.

Anleitung

Anhand von Fragen werden im Plenum die Motive für das anstehende Projekt bzw. die anstehende Veränderung und aktuelle Probleme und Herausforderungen gesammelt. Die Beiträge werden von dem Moderator festgehalten und auf eine gut sichtbare Pinnwand angebracht. Mögliche Fragen könnten sein:

  • Was hat sie dazu motiviert eine (neue) Vision zu finden?
  • Was versprechen sie sich von einer Vision?
  • Was sind aktuelle Herausforderungen?
  • Warum wollen sie dieses Projekt / diese Änderung vornehmen?

Praxishinweise

Die Motive für eine Vision können oft in Herausforderungen oder Probleme übersetzt werden, die den Teilnehmenden oft nicht bewusst sind, daher sollte nicht nur nach der Motivation sondern auch nach den aktuellen Problemen gefragt werden, die evtl. zu dieser Visionsentwicklung geführt haben. Dies liefert oft klare Hinweise darauf, welche Ursachen mit einer neuen Vision »bekämpft« werden sollen und unterstreichen so wichtige Elemente in der späteren Vision.


Schritt IV: Verdichtung der gefundenen Resultate

Die Ergebnisse der Visualisierungsübung werden im Plenum verdichtet und geclustert.

Zielstellung

In diesem Schritt geht es darum, die Ergebnisse aus der Visualisierungsübung und der Analyse zu verdichten, um für die Formulierung der Vision wenige aber aussagekräftige Begrifflichkeiten / Elemente zur Verfügung zu haben.

Anleitung

Die Arbeitsanweisung ist hierbei zuerst die Karten sowohl auf der Visualisierungspinnwand als auch auf der Analysepinnwand thematisch zu clustern. Im Anschluss daran wird versucht für die jeweiligen Cluster Oberbegriffe zu finden und somit die Informationen auf wenigen Karten zu verdichten.

Praxishinweise

Zur Clusterung und Verdichtung können die Karten auch von der Pinnwand genommen und auf einem großen Tisch sortiert werden, um den sich die Workshopteilnehmer positionieren können.


Schritt V: Informationen als Hilfestellung

Bevor nun aus den erarbeiteten Bausteinen eine Arbeitsvision formuliert wird, bietet sich ein kurzer Input über die wesentlichen Merkmale einer erfolgreichen Vision an. Dazu kann eine Beispielvision präsentiert werden, anhand derer die entsprechenden Merkmale dargestellt werden.

Zielstellung

Bei diesem Arbeitsschritt geht es um eine kurze Vermittlung des relevanten Wissens zur Formulierung einer erfolgreichen Vision. Zudem erleichtert die Präsentation einer Beispielvision den nachfolgenden Arbeitsschritt.

Anleitung

Zuerst wird eine prototypische Vision präsentiert, welche die wesentlichen Merkmale einer erfolgreichen Vision vereint. Im Anschluss daran werden die wichtigen Merkmale vorgestellt und in der gezeigten Beispielvision herausgearbeitet. In der Literatur lassen sich, je nach Autor, unterschiedlich viele Erfolgsmerkmale finden. Für den Workshop-Prozess bietet es sich an vor allem auf die folgenden vier Merkmale hinzuweisen:

  • zukunftsorientiert
  • herausfordernd
  • abstrakt
  • motivierend


Bei Bedarf können im weiteren Verlauf noch andere Merkmale erläutert werden (siehe hierzu die theoretische Herleitung), jedoch sollte die Gruppe zu Beginn nicht überfordert werden.

Praxishinweis

Passende Beispielvisionen lassen sich bei einer kurzen Recherche im Netz rasch finden, vor alle von bekannten Unternehmen und Organisationen. Unter Umständen ist es sinnvoll eine Beispielvision auszuwählen, welche sich thematisch nicht zu nahe an der behandelten Thematik bewegt, da es den Teilnehmern aus Erfahrung schwer fallen wird sich von dem genannten Beispiel bei der eigenen Formulierung zu lösen.


Schritt VI: Formulierung einer Arbeitsvision

In diesem Schritt werden die herausgearbeiteten Begriffe als Grundlage für die Formulierung einer Arbeitsvision verwendet. Es handelt sich hierbei noch nicht um eine vollständig sprachlich ausformulierte Vision, sondern um eine Annäherung mit der weitergearbeitet werden kann.


Zielstellung

Ziel ist es, eine arbeitsfähige Vision zu erhalten, die auf der Grundlage der Vorüberlegungen aufbaut.

Anleitung

Zuerst soll jeder Teilnehmer für sich einen Visionsentwurf formulieren. Dabei dienen die Ergebnisse der Visionsübung und Analyserunde als Anhaltspunkte, welche Bilder und Elemente die Vision beinhalten sollte. Die Ergebnisse der Visionsübung können direkt einfließen, die Ergebnisse der Analyserunde zeichnen unter Umständen ein indirektes Bild, da beschriebene Herausforderungen und Probleme das Gegenstück zu einem angestrebten oder wünschenswerten Ziel sind. Nachdem jeder Teilnehmer für sich einen Entwurf erstellt hat, werden alle Entwürfe im Plenum besprochen und anhand von Überschneidungen zu einer gemeinsamen Vision verdichtet.

Praxishinweise

Falls es den Teilnehmern schwer fällt, direkt eine Vision »aus einem Guss« zu formulieren, können sie ermutigt werden, nur einzelne Elemente der Vision zu formulieren. Falls die Teilnehmerzahl wesentlich höher als fünf Personen sein sollte, bietet es sich an diesen Arbeitsschritt nochmals zu unterteilen. Zu Beginn erstellt jeder wie gehabt eine Vision für sich. Im Anschluss werden zwei bis drei Kleingruppen gebildet, welche ihre gesammelten Visionen jeweils zu einer verdichten. Mit den übrig gebliebenen 2 bis 3 Visionen wird dann im Plenum die gemeinsame Vision erzeugt.


Schritt VII: Kommunikation & Validierung

In diesem Arbeitsschritt geht es darum die Arbeitsvision bei unterschiedlichen Stakeholdern zu validieren und Feedback einzuholen.

Zielstellung

Durch die Kommunikation bei unterschiedlichen Stakeholdern, können mögliche Unklarheiten aus dem Weg geräumt werden. Zudem kann dadurch stichprobenartig die Identifizierung mit der Vision geprüft werden.

Anleitung

Jeder Workshopteilnehmer bekommt die Aufgabe fünf unterschiedlichen Personen die Vision vorzustellen und nach Feedback zu fragen. Als Feedbackhilfe können folgende Fragen gestellt werden:

  • Ist die Vision verständlich?
  • Haben Sie spontane Assoziationen zu der Vision?
  • Was würden sie sagen, mit welchem Gefühl ist die Vision verknüpft? Bzw. was würde die Visionbei einer anderen Person auslösen?
  • Fühlen sie sich im Stande die Vision jemandem andern weiter zu erzählen? Warum?

Praxishinweise

Bei der Ansprache der Personen ist es unter Umständen hilfreich die Arbeitsanweisung zu geben, dass die Personen möglichst spontan, ohne Terminvereinbarung, angesprochen werden sollen. Zudem sollten es möglichst unterschiedliche Personen sein.


Schritt VIII: Finalisierung der Vision

Zur Finalisierung wird das Feedback aus der Validierungsrunde, wenn nötig, mit in die Vision eingearbeitet und die Vision sprachlich finalisiert.

Zielstellung

Aus der Arbeitsvision soll nun eine sprachlich ausgearbeitete Vision erstellt werden.

Anleitung

Die gesammelten Rückmeldungen werden im Plenum vorgestellt und auf Karten geschrieben. Danach wird die Relevanz der Rückmeldungen bewertet und diskutiert. Bei Einigkeit über bestimmte Änderungen können diese vorgenommen werden. Hier gilt es je nach Sachlage abzuwägen und mit Augenmaß vorzugehen.

Praxishinweise

Falls in dem Unternehmen eine Marketingabteilung bzw. Personengruppen existieren welche sich auch sonst um Öffentlichkeitsarbeit und dergleichen kümmern, können diese in den Finalisierungsprozess mit einbezogen werden.

Kommunikation und Verbreitung der Vision

Nachdem die Vision erarbeitet und im Unternehmen validiert wurde, ist der nächste Schritt die Kommunikation bzw. Verbreitung der Vision. Dafür lassen sich in der Literatur verschiedene Strategien finden. Bennis und Nanus (1985) plädieren beispielsweise dafür, Visionen sowohl mündlich als auch schriftlich und über möglichst viele Kanäle zu kommunizieren. Kouzes und Posner (1987) oder auch Conger und Kanungo (1987) sehen direkte Kommunikation zu Mitarbeitern von Seiten der Führungsebene als wichtig an. Stolzenberg und Heberle (2013) beschreiben in ihrem Buch: »Change-Management – Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten – Mitarbeiter mobilisieren« eine dezidierte Kommunikationsstrategie zur Vermittlung einer Vision und unterteilen den Kommunikationsprozess in zwei Schritte, wobei erst die Gruppe der Führungskräfte als Multiplikatoren und im Anschluss die Mitarbeiter adressiert werden. Die Kommunikation der Vision für die Führungskräfte dient der Verinnerlichung eines lebhaften Bildes, welches leicht an Mitarbeiter weitergegeben werden kann. Zudem werden die Schritte zur Umsetzung der Vision herausgearbeitet. Anschließend werden die Ergebnisse des Führungskräfteworkshops in einer Mitarbeiterveranstaltung präsentiert, die Umsetzungsstrategien beschrieben und Raum für Dialog und Diskussion bereitgestellt.

Visionen für Strategische Allianzen – der Nutzen

Wie bereits zu Beginn des Artikels beschrieben, lassen sich die Visionsprozesse nicht nur auf Unternehmen übertragen, sondern auch auf andere Institutionen und Netzwerke. Strategische Allianzen entstehen besonders, gegenüber anderen Netzwerkformen, aus einer deutlichen Intention heraus – mit anderen Worten: es existiert von Beginn an eine klare Stoßrichtung (Engelmann & Merten, 2012, S.5). Um diese Stoßrichtung nicht aus den Augen zu verlieren, sollte sie in einer gut kommunizierbaren und leicht zu handhabenden Vision fixiert werden. Da eine Vision bildlich und motivierend aufgebaut ist, kann sie regelmäßig, sowohl als Kompass als auch als Antrieb für die Strategische Allianz zum Einsatz kommen, ohne sich abzunutzen. Aus der Vision lassen sich dann entsprechende Ziele und Strategien ableiten, die die Strategische Allianz auf ihrem Weg zur Erreichung ihrer Grundintention voranbringt. Die Erstellung einer Vision für eine Strategische Allianz lässt sich insofern auch rechtfertigen, als dass eine Vision direkt mit den von Engelmann und Merten (2012, S. 11 – 16) identifizierten Erfolgsfaktoren für eine Strategische Allianz in Verbindung gebracht werden kann. So unterstützt eine Vision die Übereinstimmung der Problem- und Zielidentifikation innerhalb der Allianz, da beim Erstellungsprozess unbewusste Intentionen herausgearbeitet und die abstrakte Zielformulierungen in ein handfestes, unmissverständliches Bild verpackt werden. Zudem bietet sich eine Vision durch ihren bildhaften Charakter zur Verwendung in der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing an. So kann eine Strategische Allianz ihre Intention leicht vermitteln, fest in ihre Markenbildung einpflegen und unterstreicht somit ihren Handlungscharakter und ihre Schlagkräftigkeit.

Der Visionsfindungsprozess in Strategischen Allianzen

Da die Vision als Kompass und Motivationsgrundlage für jegliche weitere Zielstellungen und Strategien dienen kann, sollte der Visionsfindungsprozess möglichst zu Beginn der Strategischen Allianz stehen. Aufgrund seiner Komplexität sollte der Prozess zuerst von einer kleinen Gruppe an Personen vorangetrieben werden, um so der Strategischen Allianz eine schnelle Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Hierfür eignen sich die Schlüsselpersonen zur Initialisierung der Strategischen Allianz unter Führung eines Netzwerkmanagers. In dieser kleinen Runde sollte das Ziel sein, eine arbeitsfähige Version einer Vision zu produzieren, welche dann über weitere Netzwerkpartner hinweg bis zum finalen Produkt validiert und verfeinert wird. Der Validierungs- und Feedbackprozess zur Arbeitsvision kann in Form von Netzwerktreffen stattfinden, bei denen die Vision erstmals weiteren Partnern kommuniziert und im Anschluss in Workshop- Formaten gemeinsam bearbeitet wird. Eine ausführliche Vermittlung und die Möglichkeit der Anpassung und Veränderung der Vision im ganzen Netzwerk ist für die Identifikation mit dieser sehr bedeutend.

Visionseinsatz in Strategischen Allianzen

Die Vision kann aufgrund ihrer Kürze schneller und somit auch öfters als beispielsweise ein Leitbild eingesetzt werden. Durch die bildhafte und motivierende Formulierung eignet sie sich gut als Einleitung für Netzwerktreffen und als zentraler Präsentationspunkt auf Informationsprodukten über die Strategische Allianz, sowohl im Print- als auch Webbereich. Somit kann die Existenzrechtfertigung der Strategischen Allianz auch einfach nach außen vermittelt werden. Da anhand einer Vision auch weitere Ziele und Strategien abgeleitet werden, eignet sich der Einsatz auch als Benchmark für regelmäßige Treffen zur Qualitätssicherung und als Motivationselement für Planungstreffen.

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