»Klein anfangen, groß rauskommen«
Maria Rabadjieva (IAT) im Interview mit
Dr. Claudia Keidies, Fachbereichsleiterin »Wissensmanagement« der Wirtschaftsförderung Dortmund
Dr. Claudia Keidies ist als Fachbereichsleiterin an der Wirtschaftsförderung Dortmund tätig. Angefangen als Key-Account-Managerin für die IT-Branche, über das Thema »Frau und Wirtschaft« bis zu der internen Digitalisierung des Wissensmanagements verfügt sie über 21 Jahre Erfahrungen in der Wirtschaftsförderung Dortmund.
Frau Dr. Keidies was bedeuten für Sie und die Wirtschaftsförderung in Dortmund Nachhaltigkeit und Resilienz? Gibt es Strategien Dortmund nachhaltig aufzustellen?
Die Wirtschaftsförderung Dortmund ist im Prinzip ein Produkt des Strukturwandels. Wir sind aus einem tiefen Tal herausgekommen, nachdem Kohle, Stahl und Bier weg waren. Was wir frühzeitig erkannt haben, ist, dass man Ökonomie nicht isoliert denken kann, soziale und ökonomische Aspekte sind gleichermaßen zu berücksichtigen. Das haben wir immer schon versucht. Nach dem Motto: die Wirtschaftsförderung ist eben keine Unternehmensberatung, sondern es ist ein Teil der Stadtverwaltung, ein wichtiger Faktor, um gesellschaftlichen Fortschritt in die Stadt zu bringen und insbesondere in die Unternehmen. Denn in deren Fokus steht zunächst die Generierung von Umsatz und die Erzielung von Gewinnen. Nichtsdestotrotz ist es uns in den letzten Jahren gelungen, immer wieder gesellschaftlich relevante Themen einzubringen. Einige davon waren zu den Zeitpunkten als wir sie thematisierten noch gar nicht so »in« oder gewünscht, das heißt, wir mussten die Unternehmen zum Teil erst einmal für die Themen interessieren.
Können Sie mir Beispiele für Themen nennen, die Sie aus der Wirtschaftsförderung heraus platziert haben?
Ein Beispiel, das ich auch intensiv selber mit bearbeitet habe, ist das Thema »Frauen in Führungspositionen«. Wir haben in Dortmund schon immer eine relativ geringe Frauenerwerbsquote gehabt und darum auch relativ wenig Frauen in Führungspositionen. Um das Jahr 2000 war das Thema auch noch nicht so »in«, da haben wir beschlossen, dass wir die Unternehmen davon überzeugen müssen, dieses Thema stärker zu forcieren. Und es war uns schon damals klar, damit es funktioniert müssen wir sie dort abholen wo sie sind, also in der Unternehmensrealität.
Wie haben Sie die Unternehmen überzeugt bzw. motiviert das Thema wahrzunehmen?
Lassen sie mich das am Beispiel des Dortmund Mentoring-Programms erläutern. Bekannt war, dass Personalentwicklung ein Thema ist, für das in den Unternehmen nicht besonders viel Geld zur Verfügung steht, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Vor diesem Hintergrund haben wir den Unternehmen das Angebot einer Personalentwicklungsmaßnahme gemacht und zugleich die Botschaft transportiert, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen gesteigert werden soll. Wir haben dann »Personaler« mit dem Angebot angesprochen, mit Hilfe von Fördermitteln ein Cross-Mentoring zwischen den Unternehmen in Dortmund durchzuführen. Für die Unternehmen hatte das einen doppelten Mehrwert: Zum einen bekamen sie eine kostenlose Personalentwicklungsmaßnahme und zum anderen haben sie erfahren was die anderen Unternehmen in diesem Bereich machen. Am Anfang sind wir dennoch auf Skepsis gestoßen, aber es ist uns gelungen die Unternehmen zu überzeugen. Letztendlich haben wir über 60 Unternehmen in Dortmund gefunden, die Cross-Mentoring mitgemacht haben, und zwar nur mit weiblichen Mentees. Die Mentor*innen konnten dagegen sowohl männlich als auch weiblich sein. Mittlerweile ist auch klar, dass die männlichen Führungskräfte im Rahmen des Programms vielmehr gelernt haben, da ihre weiblichen Mentees, also die Nachwuchskräfte, ganz andere Probleme haben als sie selber. Das ist für mich ein ganz schönes Beispiel, da haben wir ein Thema eingeführt, das zunächst über ein Förderprogramm finanziert wurde. Mittlerweile haben viele dieser »Pionier«-Unternehmen in ihrer eigenen Unternehmensstrategie Mentoring-Programme verankert und finanzieren diese selbst. Das hat sich natürlich auch im Anteil der Frauen in Führungspositionen niedergeschlagen. Das heißt, wir machen »Appetit« auf ein Thema. Wir schieben an und stellen Ressourcen bereit, aber wenn die Unternehmen erkennen »das ist wirklich was für uns«, führen sie die Aktivitäten aus eigenem Interesse weiter.
Wird dieses Thema immer noch aktiv bearbeitet?
Ja, aber wie bereits gesagt, stärker in Eigenverantwortung der Unternehmen. Am Anfang mussten wir »Klinken putzen«, denn das Thema war zu dem Zeitpunkt eher unbekannt. Mittlerweile ist das anders. Inzwischen bewerben sich Unternehmen für das Programm oder stellen eigenen persönliche Coaches bereit. Die Neuartigkeit des Themas hat jedoch auch dazu geführt, dass es lange dauerte dafür zu sensibilisieren. Die ersten Programme wurden ausschließlich von der Wirtschaftsförderung finanziert, zunächst über Fördermittel, dann über unser internes Budget. Inzwischen zahlen die Unternehmen dafür oder haben es in die eigene Unternehmensstrategie integriert.
Ist das Ziel immer die »großen« Themen zu identifizieren und sie dann zu platzieren?
Nein, wir bearbeiten auch eher kleine Themen. Ein Beispiel ist das Cargo Bike, auch ein Thema, mit dem sich die Dortmunder bisher wenig befasst haben, obwohl jeder die Verkehrslage im Ruhrgebiet kennt bzw. schon selbst erlebt hat Das Fahrrad ist eine tolle Alternative und dafür muss man sensibilisieren, insbesondere zum Beispiel bei Handwerkern aber auch anderen Unternehmen. Das kann allerdings nur durch Vorzeigeprojekte bzw. Beispiele gelingen, die einen solchen Ansatz erlebbar machen.
Welche Formate haben Sie dafür genutzt?
Wir haben erstmal ein Treffen von Akteuren, die Cargo Bikes bauen und solchen, die sie potenziell nutzen können organisiert. Wir haben ihnen dann die Möglichkeit gegeben, den Einsatz in der täglichen Arbeit auszuprobieren. Daraus ist ein funktionierendes Netzwerk entstanden, das sogar an das E-Bike Festival in Dortmund angebunden ist. Durch dieses Vorgehen ist das Thema Cargo Bike in Dortmund wirklich vorangekommen. Es gibt DHL und andere, die hier mittlerweile Cargo Bikes nutzen. Neben dem ökologischen Effekt hat ein solches Projekt aus gesamtstädtischer und gesellschaftlicher Sicht noch den sozialen Mehrwert, dass es Arbeitsplätze für Geringqualifizierte schafft. Das ist für mich ein relativ aktuelles Beispiel, wo wir versuchen, Ökonomie mit sozialem Anspruch zu verknüpfen.
Das Cross-Mentoring und das Thema »Cargo Bike« sind zwei von vielen Beispielen in Dortmund, die exemplarisch zeigen, wie man mit kleinen Initiativen beginnen kann, die im Zeitverlauf zu etwas »Großem« werden. Worin sehen Sie den (Mehr-)Wert dieses Anfangen im »Kleinen«?
Ich glaube, dass es, um ein Thema voranzubringen, zu Beginn einer kleinen Gruppe interessierter Akteure bedarf. Große Veranstaltungen mit Hunderten Teilnehmenden sind wichtig, aber nur bedingt geeignet, vollständig neue, zukunftsgerichtete Themen am Wirtschaftsstandort zu diskutieren. Hier bedarf es Akteure, die ein eigenes Interesse am Thema mitbringen. Den Mehrwert sehe ich insbesondere darin, dass man so die Möglichkeit hat, standortrelevante Themen in einem »geschützten« Raum in einer Koalition der »Interessierten und Willigen« ergebnisoffen zu diskutieren.
In welcher Form bringen Sie diese Akteure zusammen und welche Rolle nehmen Sie dabei ein?
Wir bringen die Akteure in einem Workshop-Format zusammen und laden je nach Thema ergänzend Fachexpert*innen aus der Wissenschaft ein, um einen Input zu geben. Wichtiger jedoch als ein solcher Input – so zeigen unsere Erfahrungen – ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen. Den Akteuren muss die Möglichkeit gegeben werden, über eigene Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis zu berichten (Stichwort: Best Practice). Wir als Wirtschaftsförderung sind in der Regel die Initiatoren solcher Veranstaltungen, moderieren diese und koordinieren den anschließenden Prozess.
Was sind für Sie wichtige Erfahrungen und Konsequenzen aus Ihren Erfahrungen mit diesem Format?
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Format gehen wir in der Wirtschaftsförderung mehr und mehr weg von Großveranstaltungen hin zu kleineren Workshops, aus denen das eine Mal etwas Neues entsteht und das andere Mal vielleicht nicht. Es gab auch Themen, die wir seitens der Wirtschaftsförderung platzieren wollten, die aber bei den Wirtschaftsakteuren auf keine positive Resonanz gestoßen sind und die wir wieder fallen lassen mussten. Auch das kann passieren. Aber wenn man so kleine Formate macht, ist es natürlich auch nicht so schwierig. Wichtig ist, dass man sich diese Offenheit erhält und sie nicht als Scheitern betrachtet.
Wenn man so klein anfängt, kann man die Akteure dann auch auf lange Sicht für eine größere Vision motivieren? Oder hält man diese Vision hinter dem Berg?
Also sagen wir es mal so, ich glaube, sobald etwas funktioniert, kann es sehr viel größer werden. Was für mich ein ganz schönes Beispiel darstellt, ist die »Digitale Woche« hier in Dortmund. Wir haben – und da muss ich weit zurückgehen, vor 20 Jahren – eine Untersuchung zur Zahl der IT-Unternehmen am Standort Dortmund durchgeführt und auf dieser Grundlage ein Netzwerk initiiert und dieses immer mal wieder mit Veranstaltungen unterstützt. Unter anderem mit einem Barcamp zu dem neben den IT-Firmen auch andere Interessierte, wie z.B. potenzielle Kunden, eingeladen waren. Irgendwann haben wir gesehen, dass es hier viel Kompetenz in diesem Bereich gibt, die wir bündeln wollten. So ist die Digitale Woche entstanden, die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet. Jeder kann mitmachen, Unternehmen, Hochschulen, Verbände und andere interessierte Akteure, und Veranstaltungen (z.B. Workshops, Meetups, Networking-Events) rund um das Thema Digitalisierung anbieten. Unser Angebot an die Anbieter der Veranstaltungen ist, dass wir die Gesamtkoordination übernehmen, das heißt, wir sammeln alle Termine, übernehmen das Marketing und leisten Unterstützung dort, wo sie erforderlich ist. Der Effekt der in Dortmund gewachsenen Netzwerkstrukturen ist, dass wir im letzten Jahr an 50 Veranstaltungsorten mit über 70 Formaten präsent waren, an denen, glaube ich, rund 6.000 Interessierte teilgenommen haben.
Ein »Nebeneffekt« ist, dass wir mit dieser Veranstaltung kommunizieren: Dortmund ist das digitale Oberzentrum der Region. So können wir auch viele Menschen aus dem Umland, aus dem Sauerland, aber auch aus den anderen Ruhrgebietsstädten nach Dortmund holen. Gerade die niederschwelligen Angebote sind in dieser Woche ganz wichtig, um alle Interessierten mitzunehmen. Jeder kann im Prinzip sagen, ich will da mitmachen und was anbieten. Das sind natürlich die große IT-Unternehmen, aber eben auch viele kleine Dienstleistungsunternehmen. Alle haben die Möglichkeit etwas einzubringen und am Ende ist es wirklich eine Vision: Wir haben eine gemeinsame Digitale Woche. Im Prinzip ist über die Jahre aus einem durchaus sehr heterogenen System etwas wie eine Marke entstanden. Und sie wächst.
Die ursprüngliche Vision war dabei aber nicht: Lasst uns Dortmund zur digitalen Hauptstadt des Ruhrgebiets machen, sondern sie ist eher umgekehrt im Prozess entstanden?
Die Wirtschaftsförderung hatte die Vision schon vor 20 Jahren. Nach Kohle, Stahl und Bier war die Vision: Wir sind hier IT. Das hat zwar lange gedauert, aber wir wollten immer penetrieren, dass Dortmund ein IT-Standort, ein Digitalisierungsstandort ist. Das Wir-Gefühl und das Verständnis von »wir alle« ist aber erst im Rahmen des Prozesses entstanden. Wenn sich viele Menschen daran beteiligen, funktioniert es natürlich viel besser, so eine Idee zu penetrieren.
Bedeutet das, es braucht immer einen längeren Zeitraum, damit aus etwas Kleinem etwas Großes werden kann?
Nicht unbedingt. Manchmal geht es auch sehr viel schneller. Im Umfeld der Kreativwirtschaft bspw. haben wir unterschiedliche Menschen aus bestimmten Bereichen der Kreativwirtschaft zusammengebracht (Stichwort: Nightlife). Am Anfang haben sie sich in kleinen Workshops kenngelernt und daraus ist relativ schnell ein Masterplan »Erlebnis« entstanden. Auf Basis des Masterplans laufen momentan Prozesse, Dortmund attraktiver zu machen, mehr Erlebnisfaktoren aufzumachen und die Stadt nochmal stärker als einen möglichen Standort für Fachkräfte zu penetrieren. Das war also ein sehr viel schnellerer Prozess.
Die »Digitale Woche« und die Kreativwirtschaft sind beides Themen der Wirtschaftsförderung. Ergeben sich solche Themen aus den Gegebenheiten des jeweiligen Standorts heraus oder liegt diesen eine konkrete Strategie der Wirtschaftsförderung zugrunde, um Dortmund in bestimmter Weise zu positionieren?
Wir haben eine Strategie, die so genannte Wachstumsinitiative »Heimvorteil«. Diese beinhaltet das Ziel einer spürbaren Wohlstandsverbesserung, beispielsweise durch die Senkung der Arbeitslosigkeit. Damit das gelingen kann, setzen wir u.a. auf Wissenskerne als ein Fokusthema. Diese Strategie liegt all unseren Aktivitäten zugrunde. Ein Wissenskern, den wir beispielsweise gerade gezielt ansteuern, heißt »IT«. Außerdem gibt es einen Wissenskern »Energie«. Dort sind wir sehr stark im Feld »Effizienz« unterwegs. Das alles ist also nach wie vor eine Art Clusterentwicklung.
Ein Vorteil von Dortmund ist es dann doch, dass es so viele unterschiedliche Unternehmen am Standort gibt?
Ja. Um noch einmal auf das Anfangsthema zusprechen zu kommen: Das ist, was Dortmund resilient macht. Selbst in der Börsenkrise 2008/2009 sind hier relativ wenig Arbeitsplätze verloren gegangen, weil wir mittlerweile nicht mehr eine Großindustrie haben, sondern weil wir ein, nennen wir es Tausendfüßler oder eine mittelständige Stadt geworden sind. Dadurch sind wir auch nicht mehr so anfällig. Das liegt genau daran, dass wir nicht mehr auf eine Branche setzen, sondern in diesem Fall sieben Wissenskerne besitzen.
Das heißt, Sie nutzen praxisnahe, kleine Projekte, um für die Unternehmen bereits am Anfang die Vorteile sichtbar zu machen?
Genau. Die Formate können jedoch ganz unterschiedlich sein. Vieles funktioniert über »Best Practice«. Vieles aber auch über das Kennlernen von anderen Themen beispielsweise durch Pitches von Unternehmen. Außerdem veranstalten wir ein Barcamp. Das findet einmal im Monat abends in einer Disco statt und läuft immer unter einem anderen Namen bzw. Thema. Dort können ganz unterschiedliche Leute ihre Dienstleistungen oder ihre Produkte vorstellen. Zum Teil sind das auch Leute aus Großunternehmen, die mal beschreiben, wie beispielsweise die IT bei Amazon funktioniert. So können wie erst einmal ein Interesse einholen. Zu diesen Veranstaltungen kommen teilweise 200 Leute, die eine ganz heterogene Gruppe bilden. Danach gucken wir, ob daraus etwas entsteht oder nicht. Es schafft aber an erster Stelle eine Art Szene. In diesem Fall gibt es also nicht etwas Kleines, woraus was Großes entsteht, sondern es ist ein Treffen unterschiedlicher Leute, bei dem es zu einer Innovations-Atmosphäre kommt. In so einer Atmosphäre entstehen neue Netzwerke.
Fällt Ihnen spontan etwas Großes ein, das sich auf diese Art entwickelt hat?
Wir haben mal mit der Initiative »Effizienz« angefangen. Das Ziel war zu zeigen, dass wir hier in Dortmund kein Energiestandort oder Umweltstandort sind, sondern dass wir hier viele Unternehmen haben, die dafür sorgen, dass die Prozesse in anderen Unternehmen effizienter werden. Auch zu diesem Thema haben wir Netzwerke aufgebaut. Mittlerweile ist daraus das Projekt »Smart City« geworden, wo sich viele Unternehmen darum kümmern, dass die Stadt smarter, digitalisierter, und energieeffizienter wird. Ich glaube, das Entscheidende ist, dass man motivierte Leute hat und denen viel Raum zur Gestaltung lässt.
Was ist Ihre Botschaft für andere Wirtschaftsförderungen? Was kann man von Dortmund lernen?
Das Wichtige ist zunächst zu analysieren, was am Standort vorhanden ist. Was ist der Bestand? Dann muss man schauen, wo die Zukunft hingeht. Diesbezüglich haben wir in Dortmund ein Team für Themen- und Innovationsscouting gebildet. Die identifizierten Themen müssen dann in unterschiedlichen Formaten platziert werden. Das könnte bspw. durch Veranstaltungen oder durch Netzwerkaufbau erfolgen. Man versucht, mit verschiedenen Unternehmen, die mit dem Thema etwas anfangen können, Netzwerke aufzubauen. Im Prinzip geht es darum, die Unternehmen dort abzuholen, wo sie Bedarf haben. Diese Netzwerke unterstützt man dann weiterhin und hofft, dass daraus etwas Größeres entsteht. Man muss durchaus auch planen. Wenn ich mich dafür entscheide, zum Beispiel, dass das Thema »Digitalisierung« ein Zukunftsthema ist, dann definiere ich es als solches und investiere auch die Ressourcen der Wirtschaftsförderung.
Wie entscheiden Sie, welches Thema ein Zukunftsthema ist?
Neben der klassischen Clusterentwicklung haben wir seit ungefähr einem dreiviertel Jahr mit dem Innovationsscouting angefangen. Darin bauen wir zu jedem Wissenskern bzw. Thema Expert*innen auf. Dabei versuchen wir Fachleute aus den Bereichen zu mobilisieren, die zum Teil von außerhalb kommen. Das heißt, wir brauchen Zeit, damit unsere Mitarbeiter*innen in ihr Thema wachsen, kompetenter werden und dadurch auch ein Mehrwert für Unternehmen anbieten und Ansprechpartner werden.
Das ist aber auch deshalb möglich, weil wir im Vergleich zu vielen anderen Wirtschaftsförderungen eine relativ große sind. Deshalb sind wir auch ganz nahe am Puls der Zeit und haben die Kompetenzen und ebenso die Ressourcen. Und anders als bei Förderprojekten setzen wir auf Kontinuität, d.h. wir fokussieren einen kontinuierlichen Kompetenzaufbau bei den Mitarbeiter*innen. Manche von ihnen bearbeiten ein Thema schon seit Jahren, sind in ihrem Cluster anerkannt und haben ihre etablierten Netzwerke. Trotzdem arbeiten wir durchaus auch mit Förderprojekten, die nur eine begrenzte Laufzeit haben, wie damals mit dem Mentoring. So können Themen angeschoben werden. Aber wenn es in dieser Zeit nicht gelingt, die Unternehmen zu überzeugen mitzumachen, darf man die »Hunde auch nicht zum Jagen tragen«. Wichtig ist, dass die Unternehmen selber erkennen, dass ein Thema wichtig ist und dann auch bereit sind eigene Ressourcen einzubringen.