Lokale Wirtschafts- und Innovationsförderung durch Impulszentren
Johannes Schmid,
Nils Seipel
Faktor 10 – Institut für
nachhaltiges Wirtschaften,
Gründer der Kreativ-Agentur
flux – impulse
Der vorliegende Artikel beschreibt, wie anhand der Implementierung von Impulszentren die Innovationsfähigkeit einer Region bedeutend vorangetrieben werden kann. Erklärt wird die Wirkung von Impulszentren anhand der Theorie des Innovativen Milieus, welche starkes, regionales Wirtschaftswachstum mit der Existenz eines innovativen Umfelds in Zusammenhang bringt. Zur Veranschaulichung der Funktionsweise eines Impulszentrums wird das Praxisbeispiel MAGIE-Makerspace Gießen herangezogen und dessen wirtschafts- und innovationsfördernde Effekte beschrieben.
Im Zuge der Globalisierung, der Herausforderungen der Umweltbelastung und der schnell voranschreitenden Digitalisierung der Ökonomie und Gesellschaft lassen sich weltweit starke Umbrüche in den gewachsenen wirtschaftlichen und kommunikativen Strukturen beobachten. Diese Veränderungen setzen sich bis auf regionale und kommunale Ebenen fort und erfordern ein drastisches Umdenken und viel Kreativität bei der Problembewältigung. Um die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der lokalen Wirtschaft zu verbessern, bedarf es demnach eines innovativen Ökosystems in dem sich die vorhandenen Stärken einer Region bzw. Kommune entfalten und neue Potentiale gehoben werden können. In der Wirtschaftsgeographie wird mit der Theorie des Innovativen Milieus ein Umfeld beschrieben, welches Innovation und Wirtschaftskraft auf regionaler Ebene stärkt. Untersuchungsgegenstand sind hierbei die Einflüsse von unternehmerischen Netzwerken auf die wirtschaftliche Stabilität einer Region.
Innovation ist ein Ergebnis gemeinsamen Handelns und intensiven Austausches
Wir von flux – impulse haben einen Ansatz zur Schaffung eines solchen Innovativen Milieus entwickelt: Das Impulszentrum. In diesem Artikel soll ein solches Impulszentrum zur Vermittlung von digitalen Produktionskompetenzen erläutert werden, welches 2018 in Gießen stattgefunden hat. Dabei ging es um das Erleben und Erlernen von 3D-Druck. Die Effekte, die ein solches Impulszentrum auf die regionale Wirtschaft hat, waren sehr vielfältig: Gründer haben Prototypen ihrer Ideen entwickeln können, Unternehmen konnten ihre Produktionsabläufe verbessern und es konnten zahlreiche Kooperationen geschlossen werden. Doch zu Beginn wird kurz die Theorie des Innovativen Milieus erläutert, das Konzept eines Impulszentrums dargelegt und im Anschluss mit dem Praxisbericht des 3D-Druck-Projekts verschnitten.
Die Theorie des Innovativen Milieus
Die Entwicklung des Innovativen Milieu-Ansatzes stammt vorwiegend aus der GREMI-Schule (Groupe de Recherche
Européen sür les Milieux Innovateurs) ein Verbund französischer Forscher die sich mit den Voraussetzungen für ein innovatives, wirtschaftliches Ökosystem beschäftigten. Dabei galt die Annahme, dass starkes Wachstum und Entwicklung im Bereich der Wirtschaft an die Existenz eines innovativen Umfeldes geknüpft ist. Anders als aus Sicht der geographischen Industrialisierung, bei welcher entsprechende Wachstumsindustrien selbst ein innovatives Umfeld begünstigen bzw. schaffen. Ein Innovatives Milieu ergibt sich nach GREMI, wenn es zu einem intensiven Austausch auch auf informeller Ebene zwischen unterschiedlichen Akteuren, beispielsweise Betrieben, Forschungseinrichtungen, Bildungsinstitutionen oder Behörden, kommt. Durch die Verknüpfung neuer Perspektiven und Kenntnisse kommt es zu wertvollen Synergieeffekten. Die Vernetzungen innerhalb eines Innovativen Milieus können in drei unterschiedlichen Dimensionen kategorisiert werden
Lokalisierte Produktionssysteme: Wie
der Begriff schon vermuten lässt, handelt
es sich dabei um eine lokale Wertschöpfungskette
aus Produzenten, Dienstleistern,
Zulieferern und Kunden, welche
regional geballt angesiedelt sind. Die Verbindung
der einzelnen Akteure geht über
die reinen Geschäftsbeziehungen hinaus
und erstreckt sich auch auf Informationsaustausch,
Technologietransfer und informelle
Beziehungsnetzwerke. Durch die
räumliche Nähe entstehen wesentliche
Transaktionskostenvorteile. Zudem fördert
die Zugehörigkeit zu einem Produktionssystem
und der intensive Austausch
kollektive Problemlösungsstrategien.
Sozio-institutionelle Einbettung: Neben
der wirtschaftlichen Einbettung in der Region
sind die unterschiedlichen Akteure
auch sozio-institutionell stark untereinander
verknüpft. Neben einer gemeinsam
aufgebauten Wissensbasis und Vertrauensbeziehung
spielen formelle Angebote
wie Schulungsmöglichkeiten, Forschungseinrichtungen
und private und öffentliche
Förderprogramme eine zentrale Rolle.
Innovations- und Lernprozesse: Als
Voraussetzung für eine kreative Atmosphäre
als Grundlage für neues Wissen
und Innovationen, ist Offenheit und
Austausch wesentlich. Damit sich Wissen
und Technologien schnell verbreiten und
für alle gewinnbringend zugänglich sind.
Dabei geht es nicht um eine generelle
Öffnung nach außen, sondern um die
Möglichkeit für die Akteure Informationen
und Ressourcen zu erlangen, um
ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten
und auszubauen. So können sich sehr
regionalspezifische Wissensgrundlagen
bilden, die eine Spezialisierung gegenüber
anderen Regionen ermöglichen.
Somit kann man zusammenfassend sagen, dass Innovation ein Ergebnis gemeinsamen Handelns und intensiven Austausches ist.
Ein Innovatives Milieu anstoßen
Der Ansatz des Innovativen Milieus verdeutlicht, dass sich nicht nur die Wirtschaft selbst ein florierendes Umfeld schafft, welches ihr Wachstum begünstigt, sondern dass ein entsprechendes Umfeld auch durch gezielte Unterstützung von Seiten der Politik oder einzelnen öffentlichen oder privaten Trägern gefördert werden kann. Die zunehmende Einrichtung von sog. Innovationszentren, Innovation-Hubs o. Ä. kann als Versuch verstanden werden, durch physische Begegnungsräume, Entwicklungs- und Lernzentren, welche für eine breite Öffentlichkeit zugänglich sind, ein Innovatives Milieu im Verständnis des von der GREMI-Schule entwickelten Ansatzes anzustoßen. Ebenso dient die Einrichtung von Makerspaces der Anreicherung der lokalen Produktionsmöglichkeiten und der Einführung neuer Technologien in den privaten und wirtschaftlichen Bereich.
Das Impulszentrum als Entwicklungskatalysator
für ein Innovatives Milieu
Ein Impulszentrum ist ein von flux
– impulse zusammengestelltes und
mehrfach erprobtes Methodenset
zur Entwicklung und Verbreitung von
ökonomischen, gesellschaftlichen und
ökologischen Themen. Zielstellung ist
es, lokale Kompetenzen aufzubauen
und Entwicklungen anzustoßen, die sich
außerhalb des Impulszentrums verselbständigen
und somit zum Weitertragen
der gesetzten Impulse beitragen. Somit
soll ein sehr gezielter und entscheidender
Beitrag zur Entwicklung eines
Innovativen Milieus geleistet werden. Ein
Impulszentrum ist Veranstaltungsort, Bildungseinrichtung,
Umsetzungswerkstatt
und sozialer Treffpunkt in einem. Der
ganzheitliche Ansatz ist ein integraler
Bestandteil, um lokale Akteure sowohl
formell als auch informell miteinander
zu vernetzen, eine gemeinsame Handlungsplattform
zu schaffen und Kompetenzen
zu vermitteln und aufzubauen.
Die Einrichtung eines Impulszentrums
ist sowohl temporär als auch dauerhaft
möglich, wobei sich die Entscheidung
nach den zu verarbeitenden Themen
und den beteiligten Akteuren richtet. Als
Träger sind Bildungseinrichtungen wie
Universitäten, gemeinnützige Institutionen
und die kommunale Verwaltung
denkbar, da es sich vorrangig um ein
Investitionsprojekt in eine Region und
nicht um eine wirtschaftlich tragfähige
Institution handelt. Um möglichst viel
kreatives Potential zu heben und Innovationen
dauerhaft anzustoßen, wurden
eine Reihe von strategischen Bausteinen
entwickelt, auf denen ein Impulszentrum
basiert.
Baustein I: Das Prinzip der Vielschwelligkeit
Das Prinzip der Vielschwelligkeit dient dazu Partizipation zu fördern, Handlungsmotivation aufzubauen und einen Wissens- und Fähigkeitstransfer zwischen Personen mit unterschiedlichen Kompetenzausprägungen anzuregen. Es lässt sich sowohl auf temporäre Veranstaltungen als auch auf dauerhaft Einrichtungen anwenden, die auf Beteiligung und das Setzen von Impulsen ausgerichtet sind. Wie der Name bereits vermuten lässt, vereint das Prinzip der Vielschwelligkeit nieder-, mittel- und hochschwellige Angebote. Somit gibt es für jedes Anforderungsniveau einen adäquaten Zugang zu der jeweiligen Veranstaltung oder der Einrichtung. Der Vielschwelligkeitsansatz basiert auf den zwei folgenden Annahmen:
- Rein niederschwellige Angebote sprechen lediglich Personengruppen an, die erst am Anfang eines auf das Projekt bezogenen Prozesses stehen, d. h. noch wenige Kenntnisse über die behandelte Thematik besitzen und evtl. auch eine auf das Projekt bezogene geringen Handlungsmotivation aufweisen. Die Kombination aus nieder-, mittel- und hochschwelligen Angeboten hingegen ermöglichen auch Personengruppen mit höherem Kompetenzniveau attraktive Anknüpfungspunkte. Somit ermöglicht die Anwendung des Vielschwelligkeits-Prinzips eine breitere Ansprache und eine diversifizierte Teilnehmerschaft.
- Durch das Angebot von unterschiedlich intensiven Formaten in einer Einrichtung bzw. während einer Veranstaltung kommt es zur Begegnung einer Vielzahl an Personengruppen mit unterschiedlichen Entwicklungsniveaus. Durch Begegnung und Austausch kann es zu einem Motivations- und Kompetenztransfer, vor allem von höheren Stufen auf niedrigere kommen aber auch von unten nach oben. Die Vielschwelligkeit ermöglicht somit der Teilnehmerschaft autonome Lernerfahrungen durch Begegnung und Austausch und erhöht somit die Identifikation mit der jeweiligen Einrichtung bzw. der Veranstaltung. Neben Kompetenzaufbau wird so auch die Reichweite der gesetzten Impulse erhöht.
Die unterschiedlichen Formate werden so geplant, dass es zu zeitlichen Überschneidungen kommt und sich so die unterschiedlichen Teilnehmerschaften, aufgrund der räumlichen Offenheit, unumgänglich begegnen
Baustein II: Differenzierte Angebote und Ganzheitlichkeit
Das Prinzip der Vielschwelligkeit sorgt für eine breite Teilnehmerschaft mit unterschiedlichen Kompetenzniveaus in Hinblick auf einen Interessensbereich. Um aber zu gewährleisten, dass die Teilnehmerschaft divers auch in Hinblick auf unterschiedliche Interessensbereiche ist, gilt es die behandelten Themen mit möglichst vielen anderen Bereichen der Lebenswirklichkeit zu verknüpfen. D. h. beispielsweise einen technischen Themenbereich sowohl ökonomisch, ökologisch als auch gesellschaftlich aufzubereiten. Da ein Impulszentrum ein physischer Ort ist und als Keimzelle für ein Innovatives Milieu in der städtischen oder ländlichen Region agiert, ist eine ganzheitliche Bearbeitung der gewählten Themen integraler Bestandteil, um so eine möglichst repräsentative Teilnehmerschaft anzuziehen. Je mehr Personengruppen aus unterschiedlichen Interessensgebieten zusammenfinden, desto breiter ist die Verwurzelung in der Region, desto rascher werden Inhalte kommuniziert und desto höher ist die Akzeptanz und somit auch die Bereitschaft der Unterstützung und Mitwirkung. Zudem wird durch die Zusammenführung verschiedener Kompetenzbereiche der Boden für kreative Prozesse, neue Perspektiven und wertvolle Synergien geschaffen.
Baustein III: Das Prinzip der räumlichen Integration
Durch thematisch vielfältige Angebote und vielschwellig konzipierte Formate werden Teilnehmer mit unterschiedlichen Kompetenzen und unterschiedlichen Kompetenzausprägungen angesprochen. Um die Potentiale dieser Vielfalt zu heben, gilt es nun die unterschiedlichen Personengruppen zu integrieren und in einen produktiven Austausch zu bringen. Um dies zu ermöglichen ist die räumliche Konzeption eines Impulszentrum so aufgebaut, dass alle Bereiche offen und sichtbar miteinander in Verbindung stehen. Zudem werden die unterschiedlichen Formate so geplant, dass es zu zeitlichen Überschneidungen kommt und sich so die unterschiedlichen Teilnehmerschaften, aufgrund der räumlichen Offenheit, unumgänglich begegnen. Zudem bietet die räumliche Infrastruktur vielfältige Möglichkeiten für informellen Austausch, in Form von attraktiven Aufenthaltsbereichen und beispielsweise einem Cafébereich, welcher zudem einen niederschwelligen Zugang zum Zentrum ermöglicht und somit auch Teil der Vielschwelligkeitsstrategie ist.
Baustein IV: Das Prinzip der Ästhetik
Ein Impulszentrum lebt von der Teilnehmerschaft. Die vorhergehenden Prinzipien beschreiben, wie möglichst unterschiedliche Personengruppen angesprochen und miteinander in den Austausch gebracht werden. Dabei ist eine hohe Aufenthaltsqualität der Räumlichkeit ein wichtiger Bestandteil. Je wohler sich die Teilnehmerschaft fühlt, desto länger verweilen sie im Projekt und desto öfter kommen sie wieder – mit anderen Worten: sie
verbringen mehr Zeit im Projekt, wodurch die Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten steigen.
Baustein V: Das Prinzip der Offenheit und freien Zugänglichkeit
Um einen niederschwelligen Zugang zum Impulszentrum zu gewährleisten und zur Teilnahme anzuregen, sind regelmäßige und anmeldungsfreie Öffnungszeiten ein wichtiger Bestandteil. Auch die Nutzung der vor Ort angebotenen Möglichkeiten wie beispielsweise Nutzung von technischen Geräten in einer Werkstatt, der Zugang zu Arbeitsplätzen und der kostenfreie Zutritt, zumindest zu einem Großteil der Veranstaltungen, unterstreicht die Offenheit und Niederschwelligkeit des Zentrums. Eine solche Offenheit wird nur durch eine Trägerschaft von Geldgebern ermöglicht, die das Projekt nicht als gewinnorientiert betrachten. Bei einem Impulszentrum geht es um die langfristigen regionalen Effekte und nicht um Gewinn durch Eintrittsgelder oder ähnliches. Beitrag zur Nachhaltigen Entwicklung durch Impulszentren Durch eine integrierte Betrachtungsweise
von Themen in einem Impulszentrum sollten immer auch kritische, ethische und gesellschaftliche Fragestellungen aufgeworfen werden. Wenn es bspw. um Stadtentwicklung geht, sollte dieses Thema möglichst breit angegangen werden und es muss auch Fragen der Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit Raum gegeben werden. Erst durch eine solche interdisziplinäre Betrachtung werden unterschiedliche Interessensgruppen in einen Dialog gebracht und es kann etwas Neues, etwas Innovatives entstehen. Somit leistet ein Impulszentrum richtig umgesetzt, einen wertvollen Beitrag zum Nachhaltigkeits-Diskurs in der Region zum spezifischen Impuls-Thema.
Praxisbeispiel MAGIE-Makerspace Gießen als Impulszentrum für eine digital kompetente Gesellschaft
Das Impulszentrum ist ein methodenzentrierter
Ansatz und lässt sich demnach
mit nahezu beliebigen Themen durchführen.
Der nachfolgende Praxisbericht
zeigt die Umsetzung eines Impulszentrum
im Bereich digitalisierter Produktion und
verdeutlicht die einzelnen Methoden und
Bausteine anhand konkreter Beispiele.
In einem dreimonatigen Zeitraum von
April bis Juni 2018 wurde der »MAGIE-Makerspace
Gießen« als Impulszentrum für
die Vermittlung von digitalen Produktionstechnologien
und zur Gründungsförderung
eröffnet. Dabei wurde, aufgrund
des begrenzten Zeitraums, eine Fokussierung
auf den 3D-Druck, als Stellvertretertechnologie
für digitale Produktion,
gesetzt. Die Entscheidung für 3D-Druck
wurde von der einfachen Zugangsweise,
der steilen Lernkurve durch zahlreiche
benutzerfreundliche Bedienprogramme
und der drastischen Vergünstigung der
mittlerweile auf dem Markt erhältlichen
Geräte beeinflusst. Das Pilotprojekt wurde
durch die Technische Hochschule Mittelhessen,
das Technologie- und Innovationszentrum
Gießen sowie die Justus-Liebig-
Universität Gießen ermöglicht.
Die Vielschwelligkeit zu der 3D-Drucktechnologie wurde über verschiedene Formate und Angebote umgesetzt, die nachfolgend im Detail beschrieben werden:
Stufe I: Ausstellung 3D-gedruckter Objekte
aus der Region
Als niederschwelligstes Angebot gab es
über die drei Monate des MAGIE hinweg
eine Dauerausstellung mit 3D-gedruckten
Objekten von Unternehmen und
jungen Gründern aus der Region und
3D-gedruckten Objekten aus Forschungsprojekten
der beteiligten Hochschulen.
Die Ausstellung, welche zu den Öffnungszeiten
des MAGIE immer frei zugänglich
und im Eingangsbereich der Räumlichkeiten
positioniert war, diente als erster
Berührungspunkt und sog. Icebreaker.
Durch die ausgestellten Objekte konnten
vielfältige Einsatzgebiete des 3D-Drucks
veranschaulicht werden und zugleich ein
regionaler Bezug hergestellt werden. Da
zur Besichtigung keine Vorkenntnisse
und keine Anmeldung notwendig waren,
stellte dieses Angebote die unterste Einstiegsschwelle
in das Projekt dar.
Stufe II: Vorträge rund um die 3D-Drucktechnologie
Nahezu wöchentlich wurden verschiedene
Vorträge und Podiumsdiskussionen
rund um das Thema 3D-Druck und
Unternehmens-Gründung angeboten.
Dabei gab es Vorträge von den beteiligten
Projektpartner, wie beispielsweise ein Forschungssymposium zur individualisierten Medizin mittels 3D-Druck der beteiligten Hochschulen, als auch von externen Speakern wie beispielsweise Fabian Strohschein, der sein 3D-Druck-Plattformmodell vorstellte. Die Vorträge und Podiumsdiskussionen ermöglichten den Besuchern tiefere Einblicke in die aktuelle Entwicklung und Verbreitung des 3D-Drucks. Die Teilnahme war kosten- und anmeldungsfrei und somit immer noch niederschwellig, setzte aber ein gewisses Grundinteresse und einen Zeit-Invest voraus und war demnach auf der Vielschwelligkeitstreppe eine Stufe höher als die Ausstellung positioniert.
Stufe III: Einführungsworkshops 3D-Druck
Über die dreimonatige Laufzeit wurden insgesamt zwölf 3D-Druck Einführungsworkshops angeboten, an denen über 300 Personen unterschiedlichsten Alters und unterschiedlichster Hintergründe teilnahmen. Das Erfolgsversprechen war es, innerhalb von 90min alle Prozessabschnitte des 3D-Drucks, vom Design bis hin zur Bedienung des Druckers, kennenzulernen und auch einen eigenen Druck umzusetzen. Dabei gab es keinerlei Teilnahmevoraussetzungen hinsichtlich technischer Kenntnisse, Vorerfahrung oder besonderen Umgang mit Computern. Besonderen Wert wurde auf praktische Erfahrungen und schnelle Erfolgserlebnisse gelegt. Die 3D-Druck Einführungsworkshops waren innerhalb des MAGIE-Makerspaces eine der entscheidenden Stufen des angewendeten Vielschwelligkeitsprinzips, da dort der Übergang vom Besucher zum Teilnehmer stattfand und neben der eher konsumierenden Haltung im Bereich der Ausstellung und während der Vorträge, aktiv Wissen und Fertigkeiten erworben wurden.
Stufe IV: Weiterführende Workshops zum 3D-Druck
Aufbauend auf die Einführungsworkshops gab es verschiedene weiterführende Workshopformate, die entweder auf eine intensivere und kreative Auseinandersetzung mit der 3D-Druckthematik abzielten oder fortgeschritteneres Wissen und Fähigkeiten zum 3D-Druck vermittelten. Hierbei waren gewisse Grundkenntnisse bzw. mindestens die Teilnahme an einem der Einführungsworkshops Voraussetzung. Somit stellte das Angebot der weiterführenden Workshops eine weitere Stufe auf der Vielschwelligkeitstreppe dar, wobei neben der Vermittlung von Kenntnissen auch die aktive Einbringung eigener – entweder kreativer oder rein kompetenzbasierter – Leistungen vorausgesetzt wurde.
Stufe V: Offene Werkstatt – Planung und Umsetzungsmöglichkeit eigener Projekte
Die höchste Stufe des Vielschwelligkeitskonzeptes stellte die Möglichkeit der Planung und Umsetzung eigener Projekte in den offenen Werkstattzeiten dar, da dort ausreichend Motivation und Kenntnisse für eigenständiges Handeln vorausgesetzt wurde. Um die Initiative der Teilnehmerschaft zu fördern, gab es an mehreren Wochentagen mehrere Stunden offene Werkstattzeiten. Die Nutzung der offenen Werkstatt war kostenfrei und setzte keine Anmeldung, lediglich eine vorherige Teilnahme an einem 3D-Druck Einführungsworkshop, voraus. So wurde sichergestellt, dass die Bedienung der Geräte und alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen bekannt waren.
Differenzierung und Ganzheitlichkeit in Bezug auf 3D-Druck
Die ganzheitliche Betrachtung und Bearbeitung von Themen ist ein integraler Konzeptbaustein eines Impulszentrums, um eine möglichst breite Integration in die Alltagserfahrung der Besucher zu gewährleisten. Im vorliegenden Praxisbeispiel des MAGIE – Makerspace Gießens wurde die Ganzheitlichkeit mithilfe sog. Themenwochen umgesetzt, wobei es fünf verschiedenen Querschnittsthemen gab, die jeweils mit der 3D-Drucktechnologie verschnitten wurden. Jedem der fünf Themen wurde eine Projektwoche mit unterschiedlichen Formaten gewidmet. Ganz im Sinne der Vielschwelligkeit besaßen die einzelnen Formate in den jeweiligen Themenwochen ein unterschiedliches Anforderungsniveau, um so für möglichst viele Personengruppen Anknüpfungspunkte zu schaffen. So wurde jedes Themengebiet durch Ausstellungselemente,einen Vortrag, Workshops und teilweise auch Wettbewerbe intensiv bearbeitet. Dabei wurden die folgenden fünf Querschnittsthemen ausgewählt:
- Kunst
- Nachhaltigkeit Gründungen
- Gründungen
- Medizintechnik
- Didaktik
Räumliche Integration von Aufenthaltsbereich, Werkstatt und Veranstaltungsfläche:
Um die Integration der unterschiedlichen Teilnehmerschaften und den formellen sowie informellen Austausch zu fördern, wurden die unterschiedlichen Funktionsbereiche des MAGIE räumlich zusammenhängend und gut einsehbar angeordnet. Auf einer Fläche von ca. 170 qm waren ein Ausstellungsbereich, Computerarbeitsplätze, ein Workshop-Bereich, ein Werkstattbereich mit Druckern und einfachen Nachbearbeitungsmöglichkeiten für die Druckobjekte, ein Bar- bzw. Cafébereich und eine Veranstaltungsbereich mit Podium und Bestuhlung untergebracht, wie auf der unteren Abbildung (1) zu erkennen ist. So konnte sichergestellt werden, dass durch die Einsehbarkeit Interesse geweckt und physische Begegnungen der verschiedenen Akteure erleichtert wurde. Nur durch einen solchen physischen Kontakt kann es zu spontanem Austausch kommen.
Der MAGIE – Makerspace Gießen als Keimzelle für ein Innovatives Milieu in Gießen und Umgebung
Neben den quantitativ erhobenen Daten, wie z. B. Anzahl der Workshop-Teilnehmer oder die demographischen Daten, zeigen vor allem viele qualitative Eindrücke den Erfolg des temporären Projekts. Eine Projektzielstellung war unter anderem die Vermittlung von digitalen Produktionsmethoden an verschiedene regionale Akteure, was durch zahlreiche Berichte über die Impulswirkung des Makerspace unterstrichen wurde. Im Zuge der Projektlaufzeit wurde so z. B. die Produktionskette eines historischen Baustoffhandels um die 3D-Druckfertigung von Gussformen erweitert, die Prototypisierung durch 3D-Druck in einem Designbüro erleichtert,
die Fertigung individueller Hilfsmittel
in einer Behindertenwerkstatt durch
3D-Druck ermöglicht oder die Anfertigung
von Ersatzteilen in einer ehrenamtlichen
Reparaturwerkstatt mithilfe von 3D-Druckern
eingeführt. Auch im Bereich der
Gründungsförderung konnten zahlreiche
Erfolge verzeichnet werden. Im Bereich
des Prototypenbau wurde z.B. die Anpassung
einer Lüftungsgittergeometrie einer
neu konzipierten Spielekonsole optimiert
oder ein Ständersystem für eine Aquaponik-
System für Marketing-Zwecke im
Miniatur-Format gedruckt. Zudem konnten
zahlreiche Produktentwicklungen
beobachtet werden. Für ein Verpackungsunternehmen
wurde beispielsweise eine
recyclingfreundlichere Steck- statt Klebeverbindung
entwickelt, eine Achspositionierungsvorrichtung
für eine CNC-Fräse
entworfen oder eine Bohnen-Vereinzelvorrichtung
für ein biotechnologisches
Forschungsunternehmen geplant und gebaut.
Auch das Ziel einer Netzwerkbildung
konnte erfolgreich umgesetzt werden. So
ergaben sich zahlreiche Verknüpfungen
zwischen kleinen Unternehmen, den beteiligten
Hochschulen und auch zwischen
Privatpersonen. Neben der Vernetzung
nach außen konnten auch zahlreiche Verknüpfungen
innerhalb der Hochschulen
gefördert werden. Gerade die offene und
informelle Atmosphäre ermöglichte es
auch den Austausch zwischen unterschiedlichen
Fachbereichen zu ermöglichen,
die innerhalb der universitären
Strukturen oft wenig in Kontakt treten.
Für ein Verpackungs-unternehmen wurde beispielsweise eine recyclingfreundlichere Steck- statt Klebeverbindung entwickelt
Der MAGIE – Makerspace Gießen als Fördermaßnahme der Regionalwirtschaft
Der MAGIE – Makerspace Gießen konnte einen wesentlichen Bestandteil zur Erschaffung eines Innovativen Milieus im Raum Gießen beitragen. Ganz im Sinne des Konzepts der GREMI Schule gab es zahlreiche Vernetzungen der lokalen Akteure, Erweiterungen der lokalen Produktionsmöglichkeiten durch die Implementierung der 3D-Drucktechnologie und aktive Gründungs- sowie Wirtschaftsförderung über Prototypenbau und Kompetenzerwerb.
flux – impulse ist eine Kreativ-Agentur aus Gießen, die sich mit der Gestaltung von Dialogen und Aktivierungsformaten beschäftigt. Angeboten werden u. a. Beratungen und Konzepte zur Einrichtung von städtischen oder auch unternehmensinternen Kreativ-Räumen und Makerspaces. Mehr Informationen sowie die Abschlussbroschüre des Projektes MAGIE finden Sie unter www.flux-impulse.de.